Nepals König putscht Regierung weg

König Gyanendra erklärt den Ausnahmezustand, stellt den Premierminister unter Hausarrest, lässt die Verbindungen mit dem Ausland kappen und macht sich selbst zum Regierungschef. Die Rückkehr zur Demokratie wird immer unwahrscheinlicher

AUS BOMBAY BERNARD IMHASLY

Nepals König Gyanendra hat gestern den Ausnahmezustand über sein Land verhängt und zum vierten Mal seit seinem Machtantritt 2001 die Regierung entlassen. Truppen umstellten die Residenz von Premierminister Sher Bahadur Deuba. Außer Deuba wurden auch andere prominente Politiker unter Hausarrest gestellt. Die Telefonverbindungen ins Ausland wurden unterbrochen, der Flughafen von Kathmandu geschlossen, an wichtigen Plätzen der Hauptstadt marschierte Militär auf.

In einer Ansprache rechtfertigte Gyanendra Deubas Absetzung damit, dieser sei nicht fähig gewesen, Wahlen durchzuführen und dem Land Frieden zu bringen. Er werde nun eine neue Regierung unter seiner eigenen Führung ernennen, die für drei Jahre amtieren werde. Der unbeliebte König hatte nach dem Palast-Massaker vom Juni 2001 die Macht von seinem Bruder übernommen, der vom Kronprinzen ermordet worden war. Jetzt trat Gyanendra Spekulationen entgegen, er benutze den Bürgerkrieg der Maoisten, um wieder zur absoluten Monarchie zurückzukehren. Er stehe voll hinter der Verfassung und garantiere die Einhaltung demokratischer Rechte.

Doch der Vorwurf fehlender Wahlvorbereitungen ist seltsam, wenn man weiß, warum Deuba dazu nicht fähig war. Die Maoisten, die Nepal seit bald zehn Jahren mit einem Guerillakrieg überziehen, beherrschen große Landesteile. Ohne ihre stillschweigende Zustimmung lässt sich an eine Wahl nicht denken. Seit Monaten liefen daher Kontakte mit den Rebellen, um diese zumindest zu einem Stillhalten zu bewegen. Diese streben zwar ebenfalls Wahlen an, wollen diese aber als Wahl einer verfassunggebenden Versammlung verstanden wissen, die die Monarchie abschaffen soll. Nach Deubas Plänen soll das Parlament dagegen nur die Kompetenz haben, einzelne Paragrafen der Verfassung zu ändern, nicht aber deren grundlegenden Charakter als konstitutionelle Monarchie. Nach vergeblichen Verhandlungen erklärte Deuba am 13. Januar, es habe keine Einigung gegeben. Er werde die Wahlen ohne Einverständnis der Rebellen durchführen.

In Kathmandu wuchs darauf der Widerstand gegen den Premier auch in Kreisen der politischen Parteien, die seinem Schritt wenig Chancen einräumen. Womöglich rechnete der König mit stillschweigender Zustimmung der mit ihm verfeindeten Parteien, als er Deuba nun zum zweiten Mal nach Oktober 2003 aus dem Amt entließ. Stattdessen sprachen Politiker von einem „Staatsstreich“ und forderten zum Widerstand auf.

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