kommentar: unschuld im mund
: Beweislage faktisch umgekehrt

Der neue Erlass aus Justiz und Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen kehrt in der praktischen Arbeit der Polizei die Beweislage um. Das Wundermittel DNS-Stempel spielt den Fahndern neue Ermittlungstechniken in die Hände. „Wenn Sie unschuldig sind, können Sie das ja einfach durch die Abgabe von Körperzellen beweisen“ wird als Aufforderung in den Polizeirevieren bei der Ermittlung demnächst öfter zu hören sein.

Die Unschuldsvermutung wird zur Bringschuld des Verdächtigten umgekehrt. Nicht die Polizei muss dem Verdächtigen nachweisen, dass er am Tatort gewesen ist, sondern der Verdächtige kann der Polizei zeigen, dass er zumindest am Tatort keine Spuren hinterlassen hat. Der Verdächtige als Helfer der Polizei – eine im ersten Augenblick verlockende Vorstellung. Allerdings darf Menschen, die Wert auf ihre informationelle Selbstbestimmung legen, kein sozialer Druck entstehen. Doch genau das geschieht mit der Einführung der sogenannten Freiwilligkeit. Denn wer keine Probe abgibt, setzt sich dem Verdacht aus, etwas mit der Straftat zu tun zun haben. Dabei ist bis heute nicht klar, welche Informationen aus den Daten des nicht-codierten Materials in Zukunft gewonnen werden können. Insofern ist die Freiwilligkeit, die hier so betont wird, ein Schritt Richtung Unfreiheit des eines Verbrechens verdächtigten Menschen. Denn die Entscheidung, ob er einem Gentest durch die Polizei zustimmt, muss er in einer Situation treffen, in der ihm subjektiv keine andere Wahl bleibt, als dem Test zuzustimmen. ELMAR KOK