Off-Kino
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Die untreue Frau“ (Om engl. U), 5. 2. im Filmkunsthaus Babylon 2, Rosa-Luxemburg-Str. 30

„Halten Sie es für möglich, dass HAL menschliche Gefühle besitzt?“ Die Frage eines Reporters nach ihrem Bordcomputer beantworten die beiden Astronauten auf unheimlicher Jupiter-Mission eher unbestimmt: Man werde es wohl nie erfahren. Doch wenn Stanley Kubrick uns in „2001 – Odyssee im Weltraum“ mit dem Kameraauge des HAL 9000 auf die Besatzung blicken lässt und sich der Computer inmitten eines kühlen Verschwörungsdramas sogar im Lippenlesen übt, dann wird schnell klar: Natürlich besitzt das Elektronengehirn ein eigenes Bewusstsein – und natürlich wird dies zu Machtfantasien und Gewalt führen. Seine düstere Weltsicht kleidet Stanley Kubrick in satirische Bilder vom Leben im Orbit: Raumschiffe trudeln zu Walzermusik durchs All, PanAm-Stewardessen servieren Astronautennahrung und das Erscheinen des ominösen schwarzen Monolithen wird von psychedelischen Himmelschören begleitet, deren Ironiegehalt bislang noch nicht abschließend geklärt werden konnte. Bewusstseinserweiterung im Weltall, irgendwo zwischen Raum-Oper, Lichtreflex-„Trip“ und einer langen Bedienungsanleitung für die „Zero Gravity“-Toilette.Dass der deutsche Regisseur Paul Leni ursprünglich einmal Bühnenbildner und Architekt war, zeigt auch seine 1927 in Amerika gedrehte Horrorkomödie „The Cat and the Canary“. Sie handelt von den Versuchen zwielichtiger Verwandter, die hübsche Erbin Annabelle (Laura La Plante) im Spukschloss eines exzentrischen Millionärs in den Wahnsinn zu treiben. Dabei verwendet Leni vor allem Dekorationen und die Beleuchtung, um eine Atmosphäre der Beklemmung zu erzeugen: Da gibt es lange, finstere, geheime Gänge, einen endlos anmutenden Korridor voller dramatischer Lichteffekte und eine „Gotik“, die vom Schattenriss des Schlosses bis zu den Zierlehnen der Stühle reicht. Zudem erfand Paul Leni auch ganz handfeste Horroreffekte, die sich später zu Standards entwickelt haben, wie etwa den Toten, der direkt in die Kamera zu fallen scheint, oder den Mörder, der sich hinter der monströsen Maske versteckt. Und sogar die Zwischentitel des Stummfilms sind schaurig-schön gestaltet: Sie scheinen vor lauter Angst geradezu zu bibbern.Die Leichen im Keller der bürgerlichen Gesellschaft sind von jeher das große Thema des französischen Regisseurs Claude Chabrols. Denn die Routine des bourgeoisen Lebens ist in seinen Filmen nur schöner Schein. Um die „anstößige Frau“ geht es in der Chabrol-Reihe im Filmkunsthaus Babylon: In „Die untreue Frau“ entdeckt der viel beschäftigte Rechtsanwalt Charles (Michel Bouquet) eine Affäre seiner Frau (Stéphane Audran) und erschlägt deren Liebhaber im Affekt. Doch gerade im gemeinsamen Wissen um den Totschlag kommt sich das Ehepaar wieder näher. Claude Chabrol findet dafür ein schönes Bild in der Schlusseinstellung, in der Charles von Polizisten abgeführt wird und noch einmal seine Frau anblickt: eine Kamerafahrt zurück mit Zoom nach vorn – Abschied und Annäherung in einem.LARS PENNING

„2001 – Odyssee im Weltraum“, 5. 2., 7. 2. im Filmkunsthaus Babylon 1, Rosa-Luxemburg-Str. 30„The Cat and the Canary“ (OF), 9. 2. im Arsenal 2, Potsdamer Str. 2