Studierende sind demomüde

Heute sind bundesweit Großdemos gegen Studiengebühren geplant. Doch selbst die Studentenvertreter sind skeptisch, ob der Protest ein Erfolg wird. Denn die Studierenden feiern lieber Karneval oder bereiten sich auf das anstehende Semesterende vor

VON PHILIPP DUDEK

Mit fünf zentralen Demonstrationen wollen Studierende heute bundesweit gegen die geplante Einführung von Studiengebühren demonstrieren. Neben Berlin und Hamburg soll auch in Mannheim, Leipzig und Essen protestiert werden. Ob die Aktionen gut eine Woche vor Semesterende noch Zulauf finden werden, ist allerdings fraglich.

Für die Demonstration in Essen hat der zuständige Asta vorsorglich nur 500 Teilnehmer angemeldet. „In Köln und Düsseldorf ist Karneval. Das darf man nicht vergessen“, sagte Thomas Falk vom Asta der Uni Duisburg-Essen. Er rechne daher eher mit Zulauf aus Westfalen. Falk setzt auf das Vernetzungstreffen der Studentenvertretungen Mitte Februar in Essen. Hier sollen die bundesweiten Protestaktionen für das kommende Sommersemester geplant werden. Einen „heißen Sommer“ hatte der Dachverband der Studentenvertretungen fsz am Anfang der Woche versprochen. „Für das Sommersemester haben wir dann auch genügend Vorlauf“, sagte Falk.

Auch in Mannheim, zentraler Veranstaltungsort für Süddeutschland, äußerte sich Asta-Vertreterin Natascha Massing skeptisch, ob die geplante Demo tatsächlich ein Erfolg werden wird: „Wir rechnen lediglich mit rund 1.000 Teilnehmern.“ Hier werden auch Studierende aus Hessen, Rheinland-Pfalz und Bayern erwartet. „Mannheim ist keine besonders demonstrationsfreudige Stadt“, sagt Massing. Torsten Preuß vom Stura der Universität Leipzig ist da schon optimistischer. 10.000 Teilnehmer wurden in Leipzig für die morgige Demonstration angemeldet. „Wir rechnen mit Studenten aus Dresden, Halle, Chemnitz und Magdeburg“, sagte Preuß. Die mangelnde Demobegeisterung unter den Studenten in anderen Städten erklärt er sich auf seine Weise: „Die Uni wird nicht mehr als Lebenswelt begriffen. Für viele Studenten stehen anderer Dinge im Mittelpunkt: Arbeit, Praktika, Freizeit.“ Die Uni sei nur noch ein kurzer Abschnitt, den man eben hinter sich bringen müsse. „Die Leute überlegen sich gut, ob sie noch ein bis zwei Semester in Stura-Arbeit stecken“, sagte Preuß. „Einige befürchten wohl, am Ende nicht rechtzeitig vor Einführung der Studiengebühren mit ihrem Studium fertig zu sein.“ Ob das im Sommer tatsächlich anders werden wird, hänge vor allem von der verbliebenen Kraft der Stura-Funktionäre ab.

Ein grundlegendes Problem der Protestaktionen sei außerdem, dass sich viele, die bereits studieren, nicht mehr betroffen fühlen, sagte Preuß. „Die Leute gehen jetzt auf die Straße für nachrückende Studentengenerationen. Manchen fehlt da die Motivation.“

Die nachrückende Studentengeneration äußerte sich zu den Demonstrationen bislang eher zurückhaltend. „Wir haben so etwa 50 Leute per Telefonkette mobilisiert“, sagte Stephan Ruhland von der Landesschülervertretung Berlin. Auch in Nordrhein-Westfalen konnte Eva Gentes von der Landesschülerinnenvertretung keine besseren Zahlen nennen. Sie rechnete mit etwa 30 SchülerInnen auf der morgigen Veranstaltung in Essen. „Das Problem ist, dass die Demo während der Schulzeit beginnt. Abiturienten, die das Thema am ehesten berührt, überlegen sich zweimal, ob sie so kurz vor dem Abitur die Schule schwänzen.“

Anton Kretschmar, stellvertretender Vorsitzender des Landesschülerrates Sachsens, wusste noch gestern nichts von der anstehenden Großdemo in Leipzig. „Der Stura hat uns nicht informiert. Und selbst wenn: Wir brauchen ungefähr 14 Tage, um die Schüler großflächig zu mobilisieren. Das muss erst in die einzelnen Schülervertretungen überwiesen werden. Und das dauert seine Zeit.“