Wenn es einen Türken braucht, ist Akhan dran

Seit seinem ersten Auftritt bei der Kölner Stunksitzung 2000 hat Özahl Akhan eine feste Fangemeinde. Der aus Izmir stammende Schauspieler jongliert mit Klischees. Bei ihm traut sich das Publikum, über „Türkenwitze“ zu lachen

Der türkische Mann hat einen Schnurrbart. Die türkische Frau trägt Kopftuch. Beide sprechen kaum Deutsch. Soweit das Klischee. Özahl Akhan ist auch Türke. Aber er ist glatt rasiert und spricht perfekt Deutsch. Nur manchmal hat er diesen typischen türkischen Akzent. Nämlich dann, wenn er bei der „Stunksitzung“ im Kölner E-Werk auf der Bühne steht und mit eben diesen Klischees spielt, die Deutsche „Mitbürgern mit Migrationshintergrund“ zuschreiben.

Die Liebe hatte ihn, der vor 38 Jahren in Izmir geboren wurde, 1995 an den Rhein gebracht. Die Liebe zu seiner damaligen Lebensgefährtin ist vorbei, geblieben ist die Liebe zu Köln. Und zum Karneval. „Auch in der Türkei wird gefeiert, getanzt und gesungen, aber nicht so dionysisch wie in Köln“, sagt er. Bei der Stunksitzung begann der gelernte Schauspieler als Techniker hinter der Bühne.

Im Jahr 2000 hatte er seinen ersten Auftritt mit einer kölschen Coverversion des türkischen Popstars Tarkan. Aus dessen Sommerhit „Simarik« wurde „Gib mir Bützchen“, und das jecke Publikum sang begeistert mit und beklatschte Akhans Bauchtanzkünste. Seitdem hat er eine feste Fangemeinde.

Zwar spielt er nicht nur den Türken, sondern auch – in diesem Jahr etwa – den Adolf Hitler in der Satire auf den Kinofilm „Der Untergang“. Oder im Vorjahr einen pädophilen Priester. Aber wenn es einen Türken braucht, dann ist er dran. „Ich bin Schauspieler“, sagt er, „und diese Rolle kann ich eben.“ In dieser Session ist er ein türkischer Bademeister in einem deutschen Schwimmbad, der während einer Schwimmstunde nur für Türkinnen und Türken am Beckenrand steht. Da pfeift er Fatima an, weil die mit einem Döner ins Becken geht und nun der Krautsalat bei anderen Schwimmern im Haar hängt. Und macht einem Jungen Mut, vom Sprungbrett ins Wasser zu springen, immerhin habe man es extra gen Mekka ausgerichtet.

Darf man als Deutscher darüber lachen? „Natürlich“, sagt Akhan, „türkisches Leben ist bei den Stunkern kein Tabu, wir machen uns ja auch über japanische Touristen oder amerikanische Essgewohnheiten lustig.“ Aber dass sich das Publikum bei ihm vielleicht eher traut, gegen die „political correctness“ bei Witzen über Türken zu lachen, sei durchaus möglich, meint er. Und schiebt sofort nach: „Wir machen uns ja nicht über die Menschen lustig, sondern nur über bestimmte Erscheinungsformen.“ Er weiß aber auch: „Das Verhältnis zwischen Deutschen und Türken ist ein besonderes“, geprägt von vielen Klischees und einer langen Geschichte des Nebeneinanderherlebens.

„Die Migranten, die durch Schnäuzer und Kopftuch auffallen, waren schon in ihrer Heimat konservativ, hier werden sie noch konservativer“, erklärt Akhan. „Sie prägen das türkische Bild in der Öffentlichkeit, die fortschrittlichen Türken fallen eben nicht auf.“ Und so lange das so ist, will er immer wieder bewusst als Türke auf der Bühne stehen: für die Deutschen, damit sie sehen, dass Türken eben nicht immer Schnäuzer tragen, für seine Landsleute, damit sie sehen, dass es auch anders geht.

Den „Türken“ gab er auch schon im Kölner Jugendtheater „Comicon“. Das hatte ein Stück über Ausländerfeindlichkeit und Drogen im Programm. Er spielte den türkischen Dealer, eine „halbsympathische Figur, eher unfreiwillig ins Drogenmilieu gerutscht, ein Deutscher wäre in dieser Rolle unglaubwürdig gewesen“, erzählt Akhan. „Und damit war ich eine Identifikationsfigur für die türkischen Jungen, die in einem ähnlich kaputten sozialen Umfeld ohne Zukunft aufwachsen.“ JÜRGEN SCHÖN