DIE PSYCHOLOGEN

„Ein totaler Griff ins Klo“

Professor Dr. Lorenz Fischer (60), Institut für Wirtschafts- und Sozialpsychologie der Universität zu Köln

„Stimmungen sind stark affektiv getönt und besitzen eine gewisse Trägheit, das heißt: Sie sind nicht leicht zu beeinflussen, auch weil sie einer eher diffusen Kausalität entspringen. Natürlich gibt es bestimmte Gruppen von Menschen, also Kommunikatoren, die versuchen, eine bestimmte Stimmung zu erzeugen. Wenn etwa der Einzelhandelsverband im Dezember behauptet, dass sich das Konsumklima verbessert habe, dann muss dies nicht unbedingt mit der Realität übereinstimmen. Verbände aller Art versuchen Propaganda zu machen, also die Werbetrommel zu rühren. Im Nachhinein hat sich gezeigt: das Weihnachtsgeschäft war ganz gut, aber keineswegs berauschend. Die kleinen Einzelhändler mochten sich übrigens auch im Dezember dem „vorsichtigen Optimismus“ der Verbände nicht anschließen.

Das Risiko trägt in jedem Fall der Kommunikator: Trifft seine Prognose ein, gewinnt er an Prestige, trifft sie nicht ein, verliert er Glaubwürdigkeit. Die Prognose war dann ein totaler Griff ins Klo.

Stimmungen brauchen eigentlich keine äußeren Einflüsse, daher ist ein Stimmungstrend auch schwer zu kippen. Allerdings muss man hier zwischen Skeptikern und Ambivalenten unterscheiden. Ein skeptischer, nachhaltig negativ eingestellter Mensch ist sehr schwer vom Gegenteil zu überzeugen. Die große Zahl der Unschlüssigen jedoch ist eher geneigt, sich zu einem Stimmungsumschwung animieren zu lassen. Auf positive Konformität zielende Nachrichten – denn um Konformität geht es ja bei diesem Mechanismus – können bei diesen nicht wirklich festgelegten Menschen Wirkung zeigen. Politik, Gewerkschaften, Wirtschaft und Medien haben also durchaus die Möglichkeit, Stimmungen zu beeinflussen.“