Wir haben jetzt ein gutes Gefühl!

Dieses Jahr wird alles besser, sagen die einen. Wir sind Pessimismus-Weltmeister, die anderen. Ein Abgleich mit der Realität

VON MARTIN REICHERT

Irgendwann wird jede Depression langweilig, auch eine kollektive. Muss sich Wolfgang Clement, Bundeswirtschaftsminister, gedacht haben, und gab prompt die Parole aus, dass es 2005 aufwärts gehen würde mit der deutschen Wirtschaft. In der Hoffnung auf eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Alles eine Frage der guten Stimmung?

Ende Januar bereits konnte sich Clement bestätigt fühlen: Der ifo-Geschäftsklimaindex verzeichnete einen leichten Anstieg, der gfk-Konsumklimaindex zog nach. Sämtliche Wirtschaftsverbände und Banken übten sich seit Jahresbeginn in positiver Stimmungsmache. Ganz so, als ob sie sich Clements Schelte des „grassierenden Negativismus“ und „allgemeiner Miesmacherei“ zu Herzen genommen hätten.

Der Möbelverband verkündete das Ende des „Kaufstaus“ der letzten Jahre. „Die Verbraucher investieren wieder, weil die Stimmung nicht mehr so dunkel ist wie im letzten Jahr“ schwärmte Dirk-Uwe Klaas, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Deutschen Möbelindustrie. Der Bundesverband deutscher Banken rechnete mit einem Aufwärtstrend bei der Konjunktur, einem Wachstum von 1,4 Prozent und einem Anziehen der Inlandsnachfrage: „Auch für das größte Sorgenkind der deutschen Konjunktur, den privaten Konsum, bestehen in diesem Jahr realistische Chancen für eine schrittweise Erholung“, jubelte der Bankenverband im Januar. Anlässlich der Grünen Woche in Berlin verkündete sogar der notorisch klagende Deutsche Bauernverband: „Die Stimmung in der deutschen Landwirtschaft hellt sich weiter auf.“ Die hochfliegendsten Hoffnungen hatte jedoch der Einzelhandel gestiftet. Vor knapp fünf Wochen hatte der Sprecher des Hauptverbandes des deutschen Einzelhandels, Hubertus Pellengar, „einen eindeutigen Stimmungsumschwung beim Konsumverhalten“ ausgemacht. In dieser Woche jedoch lagen die Zahlen vor: Im Dezember 2004 verbuchten die Einzelhändler im Vergleich zum Vorjahr einen Umsatzrückgang von 2,3 Prozent. So niedrig war der Dezemberumsatz laut Statistischem Bundesamt noch nie in den vergangenen zehn Jahren.

Es wird besser – das sagt sich so leicht. Genauso leicht, wie sich die Lage von anderen Experten („Wir sind doch Pessimismus-Weltmeister“) schlechter reden lässt. Also: Wird es wirklich besser, wenn man es sich nur gründlich genug einredet? Kann man Stimmungen überhaupt analysieren – und wenn ja: erzeugen sie messbare Effekte? Fest steht: Politik lässt sich mit Stimmung machen.