Herner Parteien haben keinen Plan

SPD und CDU wollen in den Planungsbeirat der Forensik Herne keine Delegierten entsenden. Die Stadt klagt gegen den Standort. Die Planungen gehen derweil weiter. Nach Willen des Landes soll in diesem Jahr mit dem Bau begonnen werden

VON HOLGER PAULER

Die erste Sitzung des Planungsbeirates zur geplanten forensischen Klinik in Herne fand am vergangenen Mittwoch ohne die Mitglieder von SPD und CDU statt. Der Grund: Die Stadt Herne klagt gegen den Standort im Eickeler Ortsteil Bickern – mit den Stimmen der beiden großen Ratsfraktionen plus FDP und Grünen. Nachdem das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen im vergangenen November die Klage abwies, ziehen die Herner nun vor die nächst höhere Instanz, dem Oberverwaltungsgericht Münster. „Wir wollen dem schwebenden Verfahren nicht vorgreifen“, begründet CDU-Fraktionsgeschäftsführer Erwin Telkemeyer die Haltung seiner Partei. Sollte der Klage statt gegeben werden, sei der Planungsbeirat „hinfällig“, so Telkemeyer weiter. Ein Verhandlungstermin steht noch nicht fest.

Die Klage der Stadt beziehe sich vor allem darauf, dass der gewählte Standort in Bickern nicht nachvollziehbar sei, sagt Telkemeyer. Gegenüber des Standortes befinde sich ein Kindergarten. Eine Klinik für psychisch kranke Straftäter in Nachbarschaft von Kindergärten, Schulen oder anderen öffentlichen Gebäuden soll eigentlich vermieden werden. „Allein aus diesem Grund ist das Vorhaben nicht durchsetzbar“, sagt Telkemeyer. Frank Dudda, Vorsitzender der SPD-Fraktion, ergänzt: „Wir glauben, dass wir mit der Klage Aussichten auf Erfolg haben, von daher ist eine Beteiligung zum jetzigen Zeitpunkt nicht sinnvoll.“ Die Sozialdemokraten als stärkste Fraktion sehen sich vor allem in der „Kommunalen Selbstverwaltung“ beschnitten. „Im Grundgesetz ist die Planungshoheit der Kommunen garantiert“, sagt Dudda.

Federführend in Sachen Forensik ist das Gesundheitsministerium. Das Problem: Gesundheitsministerin Birgit Fischer (SPD) tritt zur Landtagswahl unter anderem auch im Herner Stadtteil Eickel an. „Auch wenn ich Frau Fischer als Ministerin sehr schätze, in Sachen Forensik werden wir keine Einigung finden“, sagt Frank Dudda. Im Hinblick auf die Landtagswahl wollen die Herner Genossen ihre Linie nicht verlassen. „Die Klage gegen den Standort ist im rotgrünen Kooperationsvertrag festgelegt“, sagt Dudda. Und daran werde sich die SPD halten.

Warum die Grünen ihre Fraktionsvorsitzende Dorothea Schulte in den Planungsbeirat entsand haben, wollte Dudda nicht kommentieren. Die Grünen unterstützen die Klage jedenfalls aus den genannten Gründen. „Wir sind grundsätzlich für das Konzept der Dezentralisierung des Maßregelvollzuges“, sagt Dorothea Schulte, gleichzeitig stellvertretende Vorsitzende des Beirates, „trotzdem kritisieren wir den Eingriff ins Planungsrecht.“ Einen Widerspruch zwischen Klage und Beirat sieht sie nicht. „Geplant wird eh“ und da will man dabei sein.

18 ehrenamtliche Mitglieder wurden vorerst in den Planungsbeirat berufen. Mit dabei: Kirchen, Gewerkschaften, Polizei, Justiz, Wohlfahrtsverbände und sogar ein Vertreter der klagenden Stadt. Vorsitzender des Planungsbeirats ist Gisbert Fulland vom Herner Marien-Hospital. Der Beirat soll als beratendes unabhängiges Gremium an den Planungsprozessen der forensischen Klinik beteiligt werden. Mögliche Themen seien sowohl Ängste und Sicherheitsbedürfnisse der Bevölkerung als auch konkrete Konzepte für Therapie und Sicherheit im Maßregelvollzug, heißt es in einer Mitteilung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). „Für den späteren Klinikbetreiber LWL ist der Beirat ein wichtiger Knotenpunkt für den Dialog mit der Öffentlichkeit“, sagt Bernhard Wittmann, Leiter der LWL-Abteilung Maßregelvollzug. „Wir wollen aber unsere Eigenständigkeit gegenüber dem LWL behalten“, sagt Beiratsmitglied Klaus Marquardt vom Arbeitskreis Forensik. Die nächste Sitzung, in der es auch erstmals um Inhalte gehen soll, ist für Anfang April angesetzt.

Gesundheitsministerin Fischer hatte übrigens vor einer Woche beim Richtfest der Forensik in Dortmund erklärt, dass möglichst noch in diesem Jahr mit dem Bau der übrigen fünf Kliniken begonnen werden solle – also auch in Herne, wo 90 Therapieplätze möglichst schnell entstehen sollen. Die Planungen laufen also weiter. „Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung“, sagt Lydia Jendryschik vom Gesundheitsministerium. Erst wenn dies der Fall sein sollte, müssten die Planungen gestoppt werden. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass sich die Auseinandersetzungen auf den Bauvorbescheid bezieht, ein endgültiger Bauantrag wurde noch nicht gestellt. Und es ist damit zu rechnen, dass die Stadt Herne dann wohl erneut Widerspruch einlegen wird.