Koalitionsvertrag wichtiger als Umweltgifte

Die Duisburger Grünen haben den Bau eines neuen Hochofens mit abgesegnet. Obwohl der Antrag von ThyssenKrupp voller Mängel war, verabschiedeten sich die einstigen Ökofreunde von der Bürgerinitiative

DUISBURG taz ■ Der neue Hochofen 8 in Duisburg Hamborn stößt 100 Mal so viele Gifte aus wie eine Müllverbrennungsanlage. Trotzdem haben die Grünen in dieser Woche ihr „gemeindliches Einverständnis“ für das Projekt von ThyssenKrupp gegeben. Jetzt kann nur noch die Bezirksregierung Düsseldorf den 200-Millionen-Bau stoppen.

„Die Grünen waren nur mit ihrem Kooperationsvertrag mit der CDU beschäftigt“, sagt Michael Lefknecht von der Bürgerinitiative gegen Umweltgifte Duisburg Nord (BI). Er ist außerdem Arzt für Umweltmedizin und sieht seit Jahren die Gefahren für die Gesundheit der AnwohnerInnen des Thyssenwerks. Zu dem Hochofen hätten sich die Grünen gar nicht geäußert. „Die haben das riesige Umweltthema komplett verpennt“, sagt Lefknecht.

Seit der Kommunalwahl im September bilden die Grünen eine Koalition mit der CDU unter Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU). In ihrem Kooperationsvertrag heißt es, „Umwelt- und Naturschutz sind unsere zentralen Aufgaben“. Anders als unter der 40-jährigen Herrschaft der SPD solle nun jedes Mal aufs Neue um eine Mehrheit gerungen werden, echte Diskussionen sollten die Ratsarbeit bestimmen. Belohnt für die Freundschaft mit den ChristdemokratInnen wurden die Grünen mit einem grünen Umweltdezernenten und dem Vorsitz im Umweltausschuss.

Die AnwohnerInnen profitieren nicht von der Machtübernahme: Die BI stellte in einem Erörterungstermin zum Hochofenbau ThyssenKrupp bloß, deckte auf, dass Gutachten fehlerhaft waren, Zahlen zu den erwarteten Staubemissionen ganz fehlten, die Versuchsanlage zu klein war. Bezirksregierung und Landesumweltamt attestierten der BI, hervorragend gearbeitet zu haben und erhebliche Mängel aufgedeckt zu haben. Ihre 60 Einwändungen werden nun geprüft.

Von den Grünen gab es keine Einwände. Ausgerechnet um den Hochofen hat es keine Diskussion gegeben. Die Grünen nickten zusammen mit SPD, CDU, FDP und Republikanern den Bau ab, nur die PDS stimmte dagegen. Einzige Bedingung der Ex-Ökofreunde: Thyssen solle neue Konzepte vorlegen, wie denn der Feinstaub gemindert werden könne. Ansonsten, so der Umweltausschuss-Chef Gerhard Schwemm, seien mit der CDU und der SPD keine Kompromisse möglich gewesen. Er schiebt die Verantwortung von seiner Partei. „Die Großparteien machen als erste Abstriche beim Umweltschutz.“ Auch der grüne Umweltdezernent Peter Greulich schiebt die Verantwortung weiter, diesmal auf die Bezirksregierung. „Sie kann ja die aufgeworfenen Fragen untersuchen“, sagt er. Ansonsten hofft er darauf, im Duisburger Norden bald bessere Luft zu atmen. Seine Erfolsgmeldung: In ein paar Jahren käme Duisburg an die Obergrenze der Luftschutzwerte heran, von oben, natürlich.

Die Bürgerinitiative hofft nun trotzdem darauf, die Grünen wieder ins Boot zu holen. „Sie machen das ja nicht böswillig“, sagt Lefknecht. ANNIKA JOERES