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: In die Röhre gucken

Der Kabarettist HEINRICH PACHL hat links seinen festen Platz

Wie? Wie, ich kriege keine Karte für die Fußball-Weltmeisterschaft? Das wollen wir aber noch mal sehen! Wofür denn der ganze Spökes, wenn ich draußen vor bleibe? Alles nur für die Katz, also die Promis und die Funktionäre? Brot und Spiele – und ich guck in die Röhre? Wat soll der Quatsch! Hat der OB nicht immer getönt, dass der Kölner sich freut, wenn die Weltmeisterschaftsspiele auch hier ausgetragen werden, und dass der Kölner auch was davon hat? Aber außer Spesen wieder nichts gewesen?

Und die gehen auch nicht an mich, sondern an die üblichen Verdächtigen? Ich meine, was bringt mir das – außer Kosten und Belästigungen? Aber so darf man die Sache eigentlich nicht sehen. Denn wenn man die Kölner spiele schon nicht selber sehen kann, dann lässt man sie eben sehen. Klingt etwas versnobt, aber wie man zur besseren Selbsterkenntnis sich mal mit den Augen der anderen sehen sollte, so sollte man auch diese Spiele mit den Augen von anderen sehen – lassen.

Denen der VIPs. Und die freuen sich schon jetzt mit uns, dass wir uns freuen, dass sie sich freuen, dass sie die Spiele sehen können. Man spricht in solchen Zusammenhängen von Stellvertreterfreude. „Wo lassen sie sich freuen?“ Das ist doch edel!

Bereits bei der Einweihung des neuen Stadions hat ein Rentner aus Köln-Kalk diesen Aspekt hervorragend zur Sprache gebracht, als er im EXPRESS-Interview gefragt wurde: Freuen sie sich, dass die Spiele auch nach Köln kommen? – Ja sicher, dann kann ich sie mir in Ruhe in der Glotze im Altersheim reinziehen, ob die jetzt in Müngersdorf oder in Manila ausgetragen werden. – Ja aber jetzt speziell die Tatsache, dass sie in Köln ausgetragen werden? – Eben, das gibt ein ganz anderes Feeling, hier kenne ich die Promis auf der Tribüne, und die kenn ich in Manila oder München nicht. Das hat zwar auch die Stadt viel gekostet, was man wo anders einsparen muss, aber wenn ich dann sehen kann, wie sich der Schramma auf meine Kosten freut, dann habe ich doch mehr davon, als wenn sie mich jeden Abend aus dem Altersheim in halbleere Karnevalssäle verschleppen. Da bete ich, dass Aschermittwoch kommt, und freue mich schon auf 2006.