Justiz lässt sich reichlich Zeit

Das Landgericht verkündet am Montag endlich das erste Urteil im Bankenskandal – vier Jahre nach dessen Enthüllung. Zwei Ex-Manager der Landesbank müssen jetzt mit Bewährungsstrafen rechnen

VON RICHARD ROTHER

Vier Jahre nach Bekanntwerden des Bankenskandals ist es endlich so weit: Am Montag verkündet das Berliner Landgericht das erste Urteil gegen führende Ex-Manager der Landesbank Berlin (LBB). Während die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe mit Bewährung fordert, plädiert die Verteidigung auf Freispruch.

Die LBB ist neben der Berlin Hyp und der Berliner Bank eine der drei Säulen der mehrheitlich landeseigenen Bankgesellschaft, die nur mit Milliardenhilfen des Landes Berlin vor dem Ruin bewahrt wurde. Ob es nach der Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft zu einem weiteren Gerichtsverfahren gegen ehemalige Manager wie den Ex-CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky kommt, ist noch nicht entschieden. Und im Betrugsprozess gegen Verantwortliche der Immobilienfirma Aubis ist noch kein Ende abzusehen.

Doch zunächst zu dem Verfahren am Montag: Dem ehemaligen Chef der Landesbank, Ulf-Wilhelm D., und seinem Vorstandskollegen Jochem Z. wirft die Staatsanwaltschaft falsche Jahresabschlüsse der Bank in den Jahren 1997 bis 1999 vor. Dabei geht es um Freistellungserklärungen, mit den Verantwortliche von LBB-Immobilienfonds von jeglicher Haftung ausgenommen wurden. Die von D. und Z. unterzeichneten Freistellungen hätten laut Staatsanwaltschaft zu Verlusten von bis zu 7,7 Milliarden Euro führen können – und deshalb in der Bilanz des Unternehmens auftauchen müssen.

Die Angeklagten hatten die Vorwürfe zurückgewiesen. Ihr Argument: Die Freistellungen hätten nicht in der Bilanz erscheinen müssen, da die Bank durch andere Vereinbarungen ohnehin für die Fondsrisiken hafte. Kein Schaden sei entstanden. Im Übrigen hätten sie den Erklärungen keine besondere Bedeutung beigemessen und angenommen, dass diese nach Unterzeichnung den üblichen Verwaltungsweg nehmen würden. Dass keine der Erklärungen den Weg in die Bankbilanz fand, sei wahrscheinlich „zufällig“ geschehen, so die Angeklagten. Ihre Verteidigung fordert Freispruch.

In einem weiteren Verfahren stehen die beiden Ex-LBB-Manager auch wegen des Vorwurfs der Untreue vor Gericht. Dabei geht es um einen Prominentenfonds der Bank, mit dem vermögende Anleger hohe Steuervorteile realisieren konnten. Sie sollen den Immobilienfonds an die Bank zurückgekauft haben, um sich selbst und andere Anleger zu entlasten. Dadurch soll ein Schaden von 900.000 Euro entstanden sein, den „eigennützigen Vorteil“ hatte die Staatsanwaltschaft mit 224.000 Euro beziffert.

Noch kein Ende in Sicht ist in dem Verfahren, in dem den Ex-Managern der Immobilienfirma Aubis, Christian Neuling und Klaus Wienhold, Betrug vorgeworfen wird. Um 800.000 Euro sollen Manager die Bank geschädigt haben – Peanuts im Vergleich zu den Milliardenschäden des Bankenskandals. In diesem Verfahren sind die Beschuldigten interessant, der Sachverhalt erscheint fast nebensächlich.

Sachverhalt und Beschuldigte sind in einem weiteren Verfahren höchst interessant, das noch nicht eröffnet ist. Im Dezember erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen mehrere Ex-Manager der Berlin Hyp, darunter deren Exchef Klaus Landowsky. Der Vorwurf: Untreue in besonders schwerem Fall. Die Beschuldigten sollen für die Vergabe unzureichend gesicherter Millionenkredite an die Immobilienfirma Aubis verantwortlich sein, die damit Plattenbauwohnungen in Ostdeutschland erwarb – ein Kernpunkt des Bankenskandals. Denn zeitnah zur Kreditvergabe hatten die Aubis-Manager eine Spende an die Berliner CDU überreicht, die nicht in der Parteibilanz aufgetaucht war. Zurzeit läuft noch die Frist, in der die Beschuldigten eine Stellungnahme vor Gericht abgeben können.

Allerdings: Auch das millionenschwere Verfahren beträfe nicht die Vorgänge im Bankenskandal, die den Löwenteil der Schäden angerichtet haben. Dazu zählen das Auflegen und Vertreiben der Immobilienfonds, die zu Milliardenrisiken führten. Hier steht eine strafrechtliche Würdigung noch aus.