Charmeoffensive der neuen US-Ministerin

Bei der ersten Begegnung von Kanzler Schröder und Condoleezza Rice als Außenministerin geben sich beide betont freundlich. Schröder bietet weitere Aufbauhilfe für den Irak an. Doch die unterschiedlichen Positionen bleiben weiterhin bestehen

BERLIN taz ■ Sie haben länger miteinander geredet als geplant und die Journalisten warten lassen. Doch vor der Presse zeigten sich Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und die neue US-Außenministerin Condoleezza Rice betont charmant. Schröder lächelte, Rice nickte bestätigend und freute sich, dass die Bundesregierung ihre Unterstützung für den Aufbau im Irak zusicherte – „in den bekannten Grenzen“, wie Schröder betonte. Und da war klar, dass trotz der guten Stimmung die unterschiedlichen Positionen beider Regierungen Bestand haben.

So zum Beipiel Iran: Rice ermahnte die dortige Regierung, sich bei ihren Atomplänen unverzüglich an internationale Verpflichtungen zu halten. In dieser Frage müsse der Westen eine einheitliche Linie verfolgen. Die Regierung in Teheran habe bislang nichts unternommen, um auf die internationale Besorgnis einzugehen. Washington unterstütze die Bemühungen Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens für eine friedliche Lösung.

Schöder reagierte diplomatisch auf die Frage, ob der von den USA für möglich gehaltene Regimewechsel die Bemühungen der drei EU-Länder unterminiere. Es werde nicht die Frage kontrovers diskutiert, ob man für Demokratie sei. „Wir diskutieren die Instrumente.“

Auch die Situation im Nahen Osten war Thema der Gespräche. Bereits am Nachmittag in London hatte Rice deutlich gemacht, dass die USA zurzeit nicht die Initiative im Friedensprozess ergreifen wollen. „Es ist äußerst wichtig, dass die Konfliktparteien selbst die Verantwortung übernehmen“, sagte Rice. So will die US-Außenministerin zwar zu Gesprächen nach Jerusalem und Ramallah reisen, nicht jedoch zum israelisch-palästinensischen Gipfeltreffen am Dienstag in Scharm al-Scheich. Rice bestätigte aber, dass sie am 1. und 2. März in London an der Konferenz über den Aufbau demokratischer Institutionen für die palästinensische Autonomieverwaltung teilnehmen will.

Die Bundesregierung hatte bereits vor dem Treffen in Berlin die Bereitschaft zu weiterer Aufbauhilfe für den Irak bekräftigt. Es sei zu klären, ob es weitere Möglichkeiten zur Ausbildung irakischer Soldaten und Polizisten gebe, sagte Regierungssprecher Béla Anda am Nachmittag. Dabei gelte aber weiter der Grundsatz: „Es wird keine deutschen Soldaten im Irak geben.“ Laut Anda wird Berlin entgegen ursprünglichen Plänen keine Transportpanzer „Fuchs“ an Irak liefern. Es gebe dort keinen Bedarf mehr.

Der Sprecher von Innenminister Otto Schily (SPD) sagte, bei Gesprächen des Ministers mit US-Präsident George W. Bush sei es nicht um die Frage gegangen, ob die Verfassungsexperten im Irak selbst tätig werden sollten.

Rice sprach mit Kanzler Schröder auch über den Besuch von US-Präsident George W. Bush am 23. Februar in Mainz. Weitere Stationen der Reise sind Polen, die Türkei, Frankreich, Italien, das Nato-Außenministertreffen in Brüssel und die EU-Ratspräsidentschaft in Luxemburg. Ausgelassen wurde Spanien, dessen Linksregierung die USA mit einem plötzlichen Truppenabzug aus dem Irak verärgert hat. Bei ihrem Besuch in Paris am Mittwoch wird Rice eine Grundsatzrede zur künftigen Außenpolitik der USA halten.

Bereits am Nachmittag hatte Rice in London Premierminister Tony Blair getroffen. Sie dankte Blair für die britische Unterstützung der US-Bemühungen im Irak und im Nahen Osten. Großbritannien sei der „beste Freund“ der USA: „Wir haben keinen besseren Freund, keinen besseren Verbündeten.“ Bei allem Charme, das hat Schröder nicht zu hören bekommen.

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