Plattfuß bei den Ski-Monarchen

Die Amerikaner Bode Miller und Daron Rahlves dominieren den Abfahrtslauf bei den Ski-Weltmeisterschaften, und die sieggewohnten Österreicher müssen ihr Zepter abliefern. Ihr großer Star Hermann Maier belegt sogar nur den 17. Platz

AUS BORMIO ELISABETH SCHLAMMERL

Die Monarchie ist in Österreich zwar seit fast einem Jahrhundert abgeschafft, aber viele hängen noch immer an ihrem Kaiser Franz Josef. Wie einst den Habsburgern, wird deshalb anderen Heroen des Landes gehuldigt, vornehmlich denen des Skisports, die immerhin bei den letzten drei alpinen Weltmeisterschaften die Abfahrt beherrscht haben. Dass nun Bode Miller, dieser verrückter Skifahrer aus der Neuen Welt, gekommen ist und zusammen mit seinem Teamkollegen Dahron Rahlves die Ski-Monarchen vom Sockel gestürzt hat, ist für die Nation, die sich wie keine andere über Erfolge im Skirennsport definiert, ein Stich mitten ins Herz. Diese WM in Bormio hat deutlich den Trend der Saison bestätigt, dass nämlich die österreichische Vorherrschaft bröckelt – und dass Hermann Maier wohl als Regent abdanken, das Zepter übergeben muss an Bode Miller, der am Samstag in der Königsdisziplin seine zweite Goldmedaille nach der im Super-G gewann. Der König ist tot, es lebe der König.

Ganz so schlimm ist es zwar nicht, aber der 17. Platz in der Abfahrt am Samstag ist eines Skirennläufers mit so großen Erfolgen unwürdig. Die Zeit von Hermann Maier ist vielleicht noch nicht vorbei, aber sein Image hat sehr gelitten bei dieser WM. Und das hat nicht nur er zu verantworten, sondern vor allem die sportliche Führung des Österreichischen Skiverbands. Die hat den 32-Jährigen für die Abfahrtsmannschaft nominiert, obwohl er die schlechtesten Saisonresultate aller Bewerber hatte, und sie haben auch noch nach seinem Sturz im Abfahrtstraining an ihm festgehalten. Natürlich spielten dabei auch andere Gründe als nur rein sportliche eine Rolle. Die Zuschauer daheim am Fernseher, die Teamsponsoren, sie alle sehen lieber Hermann Maier starten als einen Christoph Gruber. Aber noch lieber hätten sie einen österreichischen Abfahrtsweltmeister gesehen.

Niemand hatte ernsthaft in Frage gestellt, Maier überhaupt starten zu lassen. Stattdessen wurden Parallelen gezogen zu dessen Horrorunfall bei den Olympischen Spielen in Nagano 1998. Damals war er nach seinem Abflug ohne größere Blessuren geblieben und drei Tage später im Super-G zu Gold gerast. Dieses Mal war aber nur ein Tag zwischen Sturz und Rennen, und zudem ist Maier längst nicht mehr in der Verfassung von damals. „So ein Sturz kann schon einen Knacks geben“, sagte Teamkollege Michael Walchhofer, der für Österreich wenigstens noch eine Bronzemedaille gewann, „vor allem, wenn man ohnehin ein bisschen verunsichert ist“.

Maier selbst schob es viel eher auf die noch immer nicht optimale Abstimmung des Materials, vor allem der Skischuhe. „Sie ist zwar nicht schlecht, aber noch nicht so perfekt wie früher.“ Und natürlich auf die späte Startnummer. „Da ist nicht mehr viel gegangen.“ Die Österreicher waren ziemlich geballt zwischen 23 und 31 ins Rennen gegangen. Das war sicher kein Vorteil, wie auch Miller zugab. Früher sei zwar die Sicht nicht so gut gewesen, aber dafür war „der Schnee schön und sauber“. Aber wenigstens einer aus dem geschlagenen rot-weiß-roten Team gab zu, dass es daran allein sicher nicht gelegen hatte. „Man hätte auch mit der Nummer 27 noch gewinnen können“, sagte Walchhofer. Der Weltmeister von 2003 war der einzige, der an die Zeit von Miller im ersten Abschnitt herangekommen war, dann allerdings hatte ein Stein die Kante seines rechten Skis ruiniert. „Das ist wie ein Plattfuß in der Formel 1“, sagte der Hotelier aus Zauchensee. „Deshalb war es für mich fast ein Wunder, dass ich noch Dritter geworden bin.“

Bode Miller hatte schon im Training zuvor seine glänzende Form bestätigt, mit einer Taktik, die fast überheblich war. „Er hat die Österreicher psychologisch fertig gemacht“, glaubt der deutsche Abfahrer Max Rauffer, der knapp hinter Maier auf Rang 18 landete, Teamkollege Florian Eckert schaffte mit dem zwölften Platz immerhin sein bestes Saisonresultat in der Abfahrt. Miller hatte am Start stets die Zeitschranke ein paar Sekunden früher ausgelöst, als er losgefahren ist. Er war dadurch zwar mit Verspätung im Ziel angekommen, aber in den Teilzeiten, außer der ersten natürlich, meist der Schnellste gewesen. Beim Abschlusstraining legte er zusätzlich noch einen Bremsschwung ein – und bekam eine Startnummer, die ziemlich ideal war.

Dennoch fiel es ihm schwer, seine Fahrt einzuschätzen. „Ich hätte wie schon im Super-G nicht gedacht, dass es ein Sieglauf ist, denn ich habe wieder Fehler gemacht.“ Aber eben wieder ein paar weniger als die ehemaligen Könige der Abfahrten.