Eine schwarze Männerfreundschaft

Franz Josef Strauß war gern und oft beim Gewaltherrscher. Togo ist ein unrühmliches Kapitel deutscher Afrikapolitik

BERLIN taz ■ „Wir Schwarzen müssen zusammenhalten“, war das geflügelte Wort von Franz Josef Strauß, um seine Duzfreundschaft mit Togos Diktator Gnassingbe Eyadema zu begründen. Als Staatsgast ließ sich der bayerische CSU-Ministerpräsident in den 80er-Jahren gern vom togoischen Gewaltherrscher empfangen, mit Schulkindern, die „Josef ist der Größte“ sangen. Das Lokal „Alt-München“ war Szenetreffpunkt in der Hauptstadt Lomé, und das bayerische Fleischereiunternehmen Marox von Josef März besaß in Togo Ländereien. Eyademas Unrechtsstaat war jahrzehntelang Deutschlands Vorzeigepartner in Westafrika – ein Kapitel Bonner Afrikapolitik, an den sich Berlin und München heute nur ungern erinnern.

Insgesamt 94,52 Milliarden CFA-Franc deutsche Entwicklungshilfe – rund 600 Millionen DM damals – flossen zwischen 1960 und 1990 nach Togo. Dazu kamen in den 80er-Jahren Schuldenerlasse von satten 295,5 Millionen DM. Die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung bildete Togos Beamte im Einparteienstaat aus, und Bundeswehrsoldaten trainierten das für brutale Repression bekannte Militär.

Die Nähe hatte einen Grund: 1884 bis 1916 war Togo deutsche Kolonie. „Seine Hoheit ist das Haupt, das Togoland ist der Leib“, lautete eine Ergebenheitsadresse pensionierter Kolonialbeamter an den letzten deutschen Gouverneur von Togo, Herzog Adolph Friedrich zu Mecklenburg, als dieser im Alter von 87 Jahren den Unabhängigkeitsfeiern 1960 beiwohnte. „Togoland, stehe auf und werde hell! Denn das prophetische Licht der Deutschen ist hocherfreulicherweise über dir aufgegangen und verwandelt deine frühere leidende Form in den sichtbaren sozialfürsorglichen Mittelpunkt mit übernatürlichem ewigen Ziel einer Herrlichkeitsgegenwart deutscher Kultur.“

Nicht nur der deutsche Sprachgebrauch aus Kolonialzeiten blieb in Togo länger erhalten als in Deutschland. Auch Togos Arbeitslager pflegten koloniale Tugenden. Ein Häftling des verrufensten Lagers Kaza erinnerte sich später an die Bedingungen im „togoischen Gulag“: „Wir traten völlig nackt zur Zwangsarbeit an. Diejenigen von uns, die nicht mehr genug Kraft hatten, um sich aufrecht zu halten, folgten uns, indem sie ihre ruinierten Körper auf allen vieren dahinschleppten. Wir arbeiteten den ganzen Tag mit Soldaten im Rücken.“ Manchmal wunderten sich deutsche Entwicklungshelfer, dass zuweilen auch Bundeswehrangehörige in der Nähe solcher Lager standen.

Aus einem düsteren Kapitel deutscher Afrikapolitik hätte dennoch mehrmals eine Sternstunde werden können. Togos erster Präsident, Sylvanus Olympio, der 1963 von Eyadema erschossen wurde, war schließlich auch ein enger Freund Deutschlands gewesen, und hinter seinen Mördern vermutete man damals französische Interessen. 1966 täuschte Bundespräsident Lübke bei einer Togo-Reise eine Verletzung vor und kam mit einem Gipsarm, um Eyadema nicht die Hand schütteln zu müssen. Und als Togos Einparteienstaat ab 1990 zerfiel, blickte die Opposition hoffnungsfroh auf Deutschland: Die Bundesregierung suspendierte 1991 die Entwicklungshilfe für Togo und sorgte Anfang 1993 für einen entsprechenden EU-Beschluss, nachdem Staatsminister Helmut Schäfer (FDP) zufällig in Lomé mit erlebt hatte, wie Polizisten ein Blutbad unter friedlichen Demonstranten anrichteten.

Deutschland und Frankreich richteten danach gemeinsam im elsässischen Colmar politische Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien Togos ein. Sie scheiterten daran, dass Togo seine Armee nicht unter internationale Überwachung stellen wollte. Deutschland, das immerhin diese Armee mit ausgebildet hatte, zog daraus keine weiteren praktischen Konsequenzen – außer, sich aus den Togo-Wirren zurückzuziehen.

Aber als die EU-Kommission im April 2004 mit Togos Regierung einen 22-Punkte-Plan über politische Reformen vereinbarte, dessen Erfüllung die Wiederaufnahme der Entwicklungszusammenarbeit bedeuten würde, preschte Deutschland vor – und organisierte eine Sammelabschiebung politischer Flüchtlinge nach Togo. Nach Angaben von Flüchtlingshelfern sind mindestens fünf Abgeschobene in Togo nach ihrer Ankunft verschwunden. DOMINIC JOHNSON