Das freie Netz spannt sich nicht auf

INTERNET Die Pilotphase für ein frei zugängliches Internet per Funk in Berlin fällt erst einmal aus. Denn die Unternehmen wollen keine Ausschreibung

Das öffentliche WLAN in Berlin wird es erst einmal nicht in die Pilotphase schaffen. Der Grund: Die Industriepartner, die den Betrieb in der Pilotphase ursprünglich durchführen sollten, sind abgesprungen. Das räumte die Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie ein.

„Die beiden Interessenten wünschten sich für den Fall eines erfolgreichen Verlaufs und einer positiven Bewertung der Pilotvorhaben eine Vergabe der öffentlichen Standorte ohne Ausschreibungsverfahren“, erklärt Stephan Schulz, Sprecher der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie. Ohne diese Zusicherung sei das Pilotvorhaben abgelehnt worden. Für das freie Internet per Funk für Laptops und Handys sieht es damit bis auf weiteres schlecht aus.

Die Senatsverwaltungen für Wirtschaft und Technologie sowie Stadtentwicklung hatten noch im Februar erste technische Versuche für die Installation eines öffentlichen WLAN durchgeführt. Dafür wurden an Ampelanlagen Schnittstellen, sogenannte Access Points, angebracht. So sollte geklärt werden, ob der Betrieb die Ampeln stört. Im März gab es Gespräche mit interessierten Unternehmen. Zu einer Pilotphase wird es vorerst nicht kommen.

Das Bürgernetzwerk Freifunk, mit dem es nach Angaben der Senatsverwaltung für Wirtschaft ebenfalls Gespräche gegeben habe, begrüßte die Entscheidung, das Netz nur mit Ausschreibung zu vergeben. Kritik gibt es allerdings daran, dass der Betrieb des Netzes an Unternehmen vergeben werden soll. „Ich bin der Meinung, dass ein öffentliches Netz nur dann wirklich frei und öffentlich sein kann, wenn es auch von der Öffentlichkeit getragen und betreut wird“, erklärt Frank Brandewiede von Freifunk. Nur so behielte das Netz seine Freiheit und wäre nicht abhängig von Unternehmen, die beispielsweise bei einer Insolvenz das Netz einfach abschalten könnten. Auch eine bessere Nutzbarkeit sei bei einem öffentlichen Netz zu erwarten: „Ich denke, egal welcher ‚große‘ Anbieter dieses Netz aufbauen wird, er wird es kommerziell ausschlachten wollen. Entweder werden wir mit Werbung zugeballert, die Bandbreite ist schlecht oder das Netz rottet vor sich hin oder aber der Anbieter verdient mit dem Netz Geld“, so Brandewiede.

Carsten Günther von der Heidelberg mobil International GmbH, die eine Art abgespecktes WLAN, das nur den Zugriff auf ein Stadtportal ermöglicht, in Heidelberg betreibt, sieht für den Aufbau eines WLAN in Berlin vor allem zwei Probleme: Zum einen müsste geklärt sein, an welchen Punkten die Access-Points angebracht werden können. Denn die Technologie benötigt viele dezentrale Punkte. Ampeln als Standorte, wie es die Senatsverwaltung in Erwägung zog, hält Günther für machbar, aber teuer: Schließlich müssten hier extra DSL-Leitungen gelegt werden. Während Brandewiede von Freifunk für öffentliche Gebäude als Standorte plädiert, nutzt Heidelberg die Läden von Gewerbetreibenden, die die Access Points an ihren Geschäften anbringen.

Zum anderen muss die rechtliche Situation geklärt werden: So muss laut Günther der Anbieter des WLAN Vorkehrungen treffen, die etwa Filesharing verhindern sollen. Auch die Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung und vor allem die dabei anfallenden Kosten kämen auf den Anbieter zu. „Die rechtliche Situation ist noch nicht abschließend geklärt“, sagt Günther. Der Senat gibt sich optimistisch: Man sei weiterhin im Gespräch, um die Einrichtung eines öffentlichen WLAN doch noch voranzutreiben. SVENJA BERGT