Die Regierung in Peru bleibt hart

PROTESTE Zehntausende Demonstranten fordern die Rücknahme der Umweltgesetze von Präsident Alan García – dabei kommt es in Lima zu Zusammenstößen mit der Polizei

Sieben Abgeordnete der Opposition wurden vom Kongress für 120 Tage von ihren Mandaten suspendiert

VON JÜRGEN VOGT

BUENOS AIRES taz | „La Selva no se vende“ – „Der Urwald wird nicht verkauft!“, skandierten am Donnerstag Demonstranten in Peru. Zehntausende Menschen gingen für die Unterstützung der indigenen Völker in der Amazonasregion auf die Straße. Gleichzeitig protestierten sie gegen die Regierungspolitik von Präsident Alan García. Auf Transparenten mit der Aufschrift „García-Asesino“ (García-Mörder) machten sie den Staatschef für die Eskalation der Gewalt verantwortlich.

Zu den Protestmärschen hatten indigene Organisationen, Gewerkschaften und Studentenverbände aufgerufen. Während die Proteste vielerorts friedlich verliefen, war es in Lima zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Die Polizei hatte zunächst die Straßen zum Regierungspalast abgesperrt. Als der Demonstrationszug daraufhin vor das Parlamentsgebäude ziehen wollte, wurden auch dort die Zugänge abgeriegelt. Zu den kurzen und heftigen Ausschreitungen kam es, nachdem Demonstrationsteilnehmer versucht hatten, die Absperrungen der Polizei zu überwinden, um vor den Kongress zu marschieren. Die Polizei setzte Tränengas ein, Demonstranten warfen Steine und Molotowcocktails.

Der Kongress hatte am Mittwoch in einer außerordentlichen Sitzung zwei umstrittene Gesetzesdekrete außer Kraft gesetzt, darunter das Gesetz für den Wald und die Tierwelt des Waldes. In einer turbulenten Sitzung entschied sich das Einkammerparlament für die unbefristete Aussetzung der Dekrete. Der Antrag der oppositionellen Nationalpartei auf die Annullierung der Erlasse wurde mit der Stimmenmehrheit der Regierungspartei von Präsident Alan García und den Abgeordneten der Partei des früheren Präsidenten Alberto Fujimori erst gar nicht zur Abstimmung zugelassen.

Nach einer Protestaktion der Opposition wurden sieben Abgeordnete von der Kongressmehrheit für 120 Tage von ihren Mandaten suspendiert. Als „einen Staatsstreich gegen den Kongress“ bezeichnete die Abgeordnete Juana Huancahuari das Vorgehen der Regierungspartei. Derweil gab sich Staatspräsident Alan García unnachgiebig. „Die Politiker haben es mit extremistischen Formulierungen geschafft, die Bewohner des Urwaldes zu benutzen.“ Die Teilnehmer der Demonstrationen sowie die Ureinwohner und ihre Organisationen fordern jedoch die vollständige Aufhebung der Gesetze sowie neun weiterer Dekrete. Denn mit ihnen soll internationalen Bergbau- und Erdölfirmen der Zugang zu den Bodenschätzen in der Amazonasregion erleichtert werden. Den dort lebenden Ureinwohnern droht die Zerstörung ihres Lebensraumes.

Das Gesetzespaket war Mitte vergangenen Jahres beschlossen worden. Das Waldgesetz war dann einer der Auslöser der Proteste, die bereits im April begonnen hatten, jedoch am letzten Wochenende blutig eskalierten. Dabei wurden nach offiziellen Angaben 33 Menschen getötet, darunter 24 Polizisten. Indianerorganisationen gehen jedoch von mindestens 25 getöteten Ureinwohnern aus.

Vertreter der indigenen Dachorganisation Interethnische Vereinigung für die Entwicklung des Regenwalds (Aidesep) forderten zudem Neuwahlen und die Bildung einer verfassunggebenden Versammlung. Diese soll, entsprechend dem Vorbild Bolivien, eine neue Verfassung ausarbeiten.