Arbeitslosigkeit macht sprachlos

Die Opposition macht Arbeitslosigkeit zum Wahlkampfthema: FDP präsentiert Fünf-Punkte-Plan, CDU-Chef Jürgen Rüttgers setzt auf Einsparungen – doch die rot-grüne Landesregierung schweigt

ANALYSE VONANDREAS WYPUTTA

Wie im Bund setzt die Opposition in Nordrhein-Westfalen zum Auftakt des Landtagswahlkampfs auf das Thema Massenarbeitslosigkeit. CDU und FDP werfen der SPD-geführten Landesregierung „Untätigkeit“ vor – und legen ihre seit langem bekannten neoliberalen Konzepte zur Wiedervorlage vor. So will CDU-Oppositionsführer Jürgen Rüttgers mit einem harten Sparkurs der öffentlichen Hand neue Jobs schaffen: „Der Aufschwung geht an NRW vorbei, weil die Landesregierung nicht die Kraft hat, einen Kurs der Strukturreformen mit Konsolidierung anzugehen“, sagt der Christdemokrat.

Wieso „der Aufschwung“, dessen Wirtschaftswachstum von nur 1,6 Prozent zusammen mit den Hartz-Gesetzen der Bundesregierung die Arbeitslosigkeit erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik über die Fünf-Millionen-Marke trieb, an NRW vorbeigeht, erklärt CDU-Spitzenkandidat Rüttgers dagegen nicht. Die Theorie des Wirtschaftswissenschaftlers John Maynard Keynes, der die Wirtschaft in Krisenzeiten über kreditfinanzierte Konjunkturprogramme ankurbeln wollte, ist für den Konservativen schlicht „Steinzeitökonomie“, an der besonders der amtierende SPD-Ministerpräsident Peer Steinbrück festhalte.

Noch deutlicher auf die Reduzierung von Arbeitnehmerrechten setzt die FDP. Um „den verkrusteten Arbeitsmarkt aufzubrechen“, wollen die Liberalen das Betriebsverfassungsgesetz und das Tarifvertragsrecht neu verhandeln: Kündigungen sollten leichter, Gewerkschaften bei Tarifverhandlungen ins Abseits gestellt werden. In einem Fünf-Punkte-Plan fordert der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Ingo Wolf, außerdem Steuersenkungen, weniger Bürokratie, ein Ende der Subventionen für Steinkohle und Windkraft – und klagt auch noch über die „unfaire Konkurrenz“, die Betriebe der öffentlichen Hand Privatunternehmen machten.

Entstehen dürften so viele Billigjobs, kaum geeignet, den Lebensunterhalt der Beschäftigten zu decken. Doch die Landesregierung schweigt, wirkt schockiert von der Wirkung der Hartz-Gesetze: „Scheinheilig“ sei die Kritik der Opposition, sagt Harald Schartau, NRW-Minister für Wirtschat und Arbeit. Weniger Kritik war selten – SPD und Grüne lassen die Chance, die Konzeptlosigkeit der Opposition vorzuführen, ungenutzt verstreichen. Die Rekordmarke der Arbeitslosen sei „eine Herausforderung für jeden Politiker“, sagt Schartau, der auch nordrhein-westfälischer SPD-Chef ist. Mehr nicht.