Stadt bettelt um mehr Autoverkehr

Köln kann sich seinen Fahrradbeauftragten sparen, meint der Stadtkämmerer. Allerdings: Ohne diesen Posten ist Kölns Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte gefährdet. Und von der hat die Stadt bislang gut profitiert

VON JÜRGEN SCHÖN

„Eine kurzsichtige Entscheidung“, bewertet Harald Hilgers, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte und Gemeinden Nordrhein-Westfalens (AGFS), die aktuellen Sparpläne des Kölner Stadtkämmerers Peter-Michael Soénius (CDU). Der will nicht nur den Posten des Fahrradbeauftragten einsparen, sondern sich auch aus der AGFS verabschieden. Ein Schritt, der für die Kölner weit reichende Folgen hätte.

Zudem bietet die Kölner Fahrradpolitik zum Sparen eigentlich wenig Möglichkeiten: Das Jahresgehalt des Fahrradbeauftragten dürfte im unteren fünfstelligen Euro-Bereich liegen. Die Mitgliedschaft in der AGFS kostet die Stadt in diesem Jahr ganze 1.338,09 Euro. So groß ist der Anteil an den Personal- und Sachkosten, die sich die derzeit 39 Mitgliedskommunen teilen. Da jährlich mehrere dazu kommen, dürften sich diese Kosten langfristig verringern. Auf der anderen Seite hat die Stadt seit 1993 – damals wurde die AGFS von Köln mitbegründet – finanziell regelmäßig von ihrer Mitgliedschaft profitiert. Denn bei Landeszuschüssen für Radprojekte genießen AGFS-Mitglieder Vorrang.

So hat die Stadt bis zum Jahr 2000 im Schnitt jährlich 50.000 Euro Zuschüsse für Projekte beantragt. 60 Prozent der Kosten, etwa für den Bau von Radwegen, trug das Land. Inzwischen werden vom Land allerdings nur noch Öffentlichkeitskampagnen bezuschusst. Im Entwurf für den Kölner Haushalt 2005 und 2006 sind dafür jeweils 45.000 Euro ausgewiesen, 29.300 Euro Landeszuschüsse sind eingeplant. Würde dieser Posten gestrichen, müssten die Kölner künftig auf Aufklärung etwa zur Verkehrssicherheit für Kinder verzichten.

Dass der derzeitige Fahrradbeauftragte der Stadt Köln, Thorsten Klausen, seit 1998 im Amt, wenig von der Abschaffung seines Postens hält, verwundert kaum. Die Einrichtung sei nicht nur eine wichtige Anlaufstelle für Bürger, sagt Klausen. Vor allem die verschiedenen städtischen Behörden wie Stadtplanung, Straßenverkehrs- oder Grünflächenamt hätten über die „Velorunde“ begonnen, sich besser aufeinander abzustimmen.

Außerdem sei Rad fahren in den letzten Jahren dank städtischer Anstrengungen immer attraktiver geworden, so Klausen. Etwa dadurch, dass Radfahrer inzwischen 400 Einbahnstraßen in Gegenrichtung befahren dürfen. Infolge solcher Maßnahmen sei der Anteil der Fahrradfahrer am innerstädtischen Verkehr von 6 Prozent Mitte der 70er Jahre auf inzwischen 16 Prozent gestiegen. Damit seien weniger Autos auf der Straße, es gebe weniger Staus, weniger Zeitverlust und weniger Umweltschäden. „Dies ist allerdings nur schwer zu beziffern“, gibt Klausen zu.

Die Einführung eines Fahrradbeauftragten war seinerzeit ein wichtiger Grund, Köln in die AGFS aufzunehmen. „Wird dieses Amt jetzt abgeschafft, wäre dies ein Anlass, die Mitgliedschaft zu überprüfen“, deutet AGFS-Geschäftsführer Hilgers an. „Köln wäre auch das erste Mitglied, das von sich aus austritt.“ Er rechnet aber damit, dass die Politik den Sparplänen nicht zustimmt. „Bislang konnten wir noch jede Stadt, die entgegen ihren Zusagen bei den Radfahrern sparen wollte, vom Gegenteil überzeugen“, gibt er sich auch bei Köln optimistisch.

Auf wenig Gegenliebe stößt der Sparplan des Kämmerers beim Allgemeinen Deutschen Fahrradclub Deutschlands (ADFC) in Köln. „Kontraproduktiv“, nennt Vorsitzender Heribert Thelener die Idee und verweist auf die gesetzliche Verpflichtung, den CO2-Ausstoß zu verringern. „Soll die Mobilität der Bürger beigehalten werden, ist die Förderung des Radverkehrs ein wichtiger Beitrag dazu.“