Grüne wollen aus Stroh Gold machen

GAL-Fraktion stellt Programm vor, das Hamburg zum Mekka der Erneuerbaren Energien machen soll. Viele Firmen und Forscher leisteten bereits Pionierarbeit. Ökoenergie ist im Musterland Schleswig-Holstein ein Jobmotor

von Gernot Knödler

Schleswig-Holstein hält es wie das Rumpelstilzchen: Es macht aus Stroh Gold; genauer gesagt: aus Biomasse Energie; unfein ausgedrückt: aus Scheiße Geld. Jede Schwarzbunte, die in den Ställen und auf den Weiden zwischen den Meeren steht, produziere im Jahr 118 Badewannen voll davon, rechnete Umweltminister Klaus Müller (Grüne) gestern im Hamburger Rathaus vor. Bei 1,2 Millionen Stück Rindvieh mache das „24 Millionen Kubikmeter pure Energie“, von denen 16 Millionen verfügbar und lediglich 800.000 genutzt würden. Neben der Windenergie sei die Bioenergie die Energiequelle mit dem größten Wachstumspotenzial im Land, schwärmte der Minister.

Müller sprach bei einem Kongress der GAL-Bürgerschaftsfraktion, auf dem ausgeleuchtet werden sollte, wie die Metropolregion zu einem Silicon Valley der Erneuerbaren Energien und der effizienten Energienutzung werden könnte. „Wir haben in Schleswig-Holstein zeigen können, wie das gehen kann“, behauptete Müller. 30 Prozent des Strombedarfs deckt sein Bundesland inzwischen aus erneuerbaren Quellen. Ende 2010 sollen es 50 Prozent sein. 17 Prozent des Bedarfs könne mit Bioenergie gedeckt werden, was dem Land den Import von drei Millionen Tonnen Rohöl im Jahr erspare. Weiterer Vorteil: Das Geld bleibt im Land, Handwerker und Mittelständler finden Arbeit.

Zwar kann Hamburg nicht zur Biomasse-Produktion übergehen oder Windparks bauen, Stadt und Region könnten jedoch die Technik und das Know-how für die Energiewende liefern, findet die GAL. „Wir wollen die Metropolregion Hamburg gemeinsam mit den Nachbarländern zum nordeuropäischen Kompetenzzentrum für Erneuerbare Energien ausbauen“, sagt der Bürgerschaftsabgeordnete Christian Maaß. Bereits heute leisteten viele Unternehmen und Forschungseinrichtungen in der Stadt Pionierarbeit auf diesem Gebiet.

Hier sitzen die Marktführer für Solarenergie, am Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Institut wird am Emissionshandel getüftelt, und in Schleswig-Holstein arbeiten 10.000 Leute für die Windenergie. Um mit diesen Pfunden zu wuchern, schlägt die GAL eine Landesinitiative Neue Energie vor, deren Trägerin eine Hamburger Energie-Agentur im Besitz der Stadt sein soll. Deren Aufgabe wäre es, alle, die mit dem Thema befasst sind, zu vernetzen und Informationsfluss zu gewährleisten. Weil sie bis auf weiteres in der Opposition sitzt, schlägt die GAL vor, sofort einen „Förderverein Neue Energie für Hamburg“ zu gründen, der die gleiche Funktion erfüllen soll.

„Die Erneuerbaren Energien sind eine Zukunftsbranche mit enormen Potenzialen“, sagt der GAL-Wirtschaftsexperte Jens Kerstan. „Hamburg hat alle Voraussetzungen, um hier in der ersten Liga mitzuspielen – vorausgesetzt, diese Chance wird von der Politik nicht verschlafen.“ Die Entwicklung der Wasserstofftechnologie zu fördern, wie es der CDU-Senat tut, sei zwar eine gute Sache. Im Gegensatz zur Windenergie, der Biomasse oder der Sonnenenergie brauche sie jedoch noch zehn bis 15 Jahre bis zur Marktreife.

Nach dem Neunpunkteplan der GAL soll das Thema Erneuerbare Energien zum Schwerpunkt bei der Forschungspolitik werden. Die Stadt müsse sich klimapolitische Leitlinien geben und einen Aktionsplan für energieeffizientes Bauen und Sanieren auflegen. Ein Technologiepark soll Innovationen fördern, die Ausbildung müsse verbessert und der Bau von Bürgerkraftwerken solle unterstützt werden.