Eine Strafe „unter Ladendiebstahl“

Erstes Urteil im Berliner Bankenskandal. Landgericht hält Bilanzfälschung für erwiesen. Exmanager gehen in Revision

BERLIN taz ■ Der Berliner Bankenskandal hat sein erstes Strafurteil: Zwei Exmanager der Landesbank Berlin (LBB) haben wegen Bilanzfälschung Geldstrafen von 90.000 und 59.400 Euro erhalten. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe auf Bewährung gefordert. Die Verteidigung, die auf Freispruch plädierte, kündigte nach dem Urteil an, man werde in Revision gehen.

Das Gericht hielt es für erwiesen, dass die beiden Exmanager Ende der 90er drei unrichtige Jahresbilanzen aufstellten. Sie hätten immense Risiken – entstanden durch Freistellungserklärungen, die Ausfälle allein der LBB überließen – nicht aufgelistet. Die Strafkammer veranschlagte diese Risiken mit fast 8 Milliarden Euro. Dass sich dieses Szenario letztlich nicht erfüllte, war für das Gericht nicht von Belang. Entscheidend war für die Kammer, dass die Manager die Risiken hätten darstellen müssen. Ausdrücklich wies die Vorsitzende Richterin darauf hin, dass im Bankenskandal entstandene Schäden für das Land Berlin nicht aus den im Prozess verhandelten Taten folgten.

Die LBB gehört wie die Immobilientochter BerlinHyp zur mehrheitlich landeseigenen Bankgesellschaft Berlin. Die Affäre um den Konzern führte 2001 zum Bruch der damaligen schwarz-roten Koalition in Berlin. Der SPD-Mann Klaus Wowereit löste dabei den CDU-Landeschef Eberhard Diepgen als Regierenden Bürgermeister ab.

Im Kern des Skandals standen Immobilienfonds, für die letztlich das Land Berlin haftete. Ausgelöst wurden politische Umstürze und staatsanwaltschaftliche Ermittlungen im Frühjahr 2001. Damals war eine Spende einer Immobilienfirma an die CDU bekannt geworden. Diese Firma, geleitet von zwei früheren CDU-Abgeordneten, hatte zeitnah zu der Spende einen Millionenkredit von der BerlinHyp bekommen. Deren Chef: Der damalige CDU-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Klaus-Rüdiger Landowsky, den die Staatsanwaltschaft inzwischen ebenfalls anklagt. Im Sommer 2001 musste das Land 1,7 Milliarden Euro in die Bankgesellschaft nachschießen, um Verluste aufzufangen.

Von der Verteidigung hieß es, die Geldstrafe sei „eine Ohrfeige für die Staatsanwaltschaft“. Die hatte eine Haftstrafe beantragt und schloss gestern nicht definitiv aus, in Revision zu gehen. Es deutete sich jedoch an, dass sich die Anklagebehörde angesichts des juristisch schwer zu fassenden Komplexes und des ohnehin geringen Strafrahmens – „unter Ladendiebstahl, auf einer Höhe mit Unfallflucht“, so ein leitender Ermittler – mit der Geldstrafe zufrieden gibt.

Vor der Saaltür protestierten Vertreter einer Bürgerinitiative zur Aufarbeitung des Bankenskandals gegen das Urteil. Sie widersprachen der Einschätzung des Gerichts, die Bilanzfälschung habe nichts mit den Folgekosten für das Land zu tun. Das Urteil stuften sie als „juristische Seligsprechung zweier Banker“ an: Man bestrafe die beiden symbolisch, lasse sie aber in Wahrheit straffrei laufen.

STEFAN ALBERTI