Mit Sinn und ohne Perspektive

Sie üben Singen, organisieren Bücher, helfen im Kunstunterricht oder übernehmen gar die Hausaufgabenbetreuung: Ein-Euro-Jobber soll es nun auch an Schulen geben. Personalrat ist dagegen. Schulleiter: Injobs sind ambivalent, weil arbeitsaufwändig

Bremen taz ■ Der Job hat ihm gefallen. „Ich habe da eine ganze Menge Spaß gehabt“, sagt Richard Clark McCowen über sein Gastspiel in der Gesamtschule Mitte. Der Profi-Sänger, inzwischen bei der Show „River Dance“, hat die SchülerInnen beim Singen und Theaterspielen unterstützt. Auf Ein-Euro-Basis, sprich: Zum Arbeitslosengeld hat McCowen einen Euro Aufwandsentschädigung pro Stunde dazubekommen. „Injobs“ heißen diese Stellen in Bremen, Integrationsjobs. Was McCowen im Rahmen einer Injob-Pilotphase Spaß gemacht hat, sorgt jetzt für Aufregung. Denn das Ressort von Bildungssenator Willi Lemke (SPD) will 400 bis 500 Injobs an Schulen installieren.

„Zusätzlich“ ist das entscheidende Kriterium für Injobs: Sie dürfen, so sagt es das Gesetz, nicht die Aufgaben regulärer Stellen enthalten, sondern müssen zusätzliche Leistungen bieten. Das tat der ausgebildete Sänger McCowen in Mitte, und zwar „spitzenmäßig“, so Schulleiterin Jutta Fernholz. Er bot spezielle Übungen für den Chor an, und auch den Theatergruppen gab der Bühnenmann sein Wissen weiter. Für wenig Geld. „Natürlich ist es für Künstler immer hart“, sagt McCowen diplomatisch, „mehr Geld wäre besser gewesen.“ Aber, auch das sagt er: „Ich durfte in meinem Bereich arbeiten, andere packen Kisten.“

Der Fall McCowen sei „ein Highlight, an dem sich alle hochziehen“, sagt Rolf Becker, Personalrat für Schulen. Er fürchtet, dass durch Injobs normale Regelarbeitsplätze abgebaut und Injobber sehr wohl für Lehrerarbeit herangezogen würden. Einzelprojekte wie die mit Sänger McCowen finde er durchaus sinnvoll, „da wollen wir uns gar nicht querstellen“. Auch gegen Lemkes Idee, Arbeitslose langfristig an Schulen zu beschäftigen, allerdings nicht im pädagogischen Bereich, will sich der Personalrat nicht sperren. Aber die kurzfristigen Ein-Euro-Jobs, die ein halbes Jahr dauern, „stören mehr als dass sie helfen“, so Becker. Mit dem halben Jahr, das der pädagogisch häufig geforderten Kontinuität im Wege stehe, hat Peter Lankenau, Leiter am Schulzentrum Findorff, allerdings keine Probleme. „Wir haben 1.100 Schüler in 50 Klassen“, sagt Lankenau, „da sind dauernd neue Leute da.“ Im SZ Findorff arbeiten derzeit fünf Injobber. Darunter eine ausgebildete Bibliothekarin, die die Schulbücherei in Schwung bringt. Dann eine Diplom-Designerin, die im Kunstunterricht assistiert. Desweiteren ein Fotograf, der eine Bildergalerie aller LehrerInnen anfertigt. Schließlich eine Lehramtsstudentin über 50, die in der Hausaufgabenbetreuung arbeitet. Gerade sie verdeutlicht die ganze Problematik dieses Modells: Sie übernimmt Regelaufgaben für sehr wenig Geld. „Aber wir sind überhaupt nicht in der Lage, Lehrer für nachmittags abzustellen“, sagt Leiter Lankenau. Findorff gelte als zu privilegiert, als dass seiner Schule Förderstunden für die Nachmittagsbetreuung zugesprochen würden.

Lankenau findet das Injob-Modell an Schulen „ambivalent“, denn die zusätzlichen Leistungen der Injobber kosten zusätzliche Arbeit: „Diese Leute haben einen hohen Zuwendungsbedarf“, erzählt er und meint damit Organisatorisches wie Persönliches: „Es sind Menschen, die alle lange arbeitslos waren und diesen Kontakt jetzt brauchen.“

Lange haben er und das Kollegium überlegt, ob man Injobber an der Schule wolle. „Wir haben uns dann gesagt, wir können an der Grundsituation der Arbeitslosigkeit nichts ändern. Und diese Leute bringen uns zusätzlich etwas, das wir sonst nicht hätten. Das ist sinnvoll.“ Das Problem der Perspektivlosigkeit könne die Schule aber auch nicht beheben – denn eine Zukunft gibt es für die Injobber da nicht. sgi