Rice sieht Europa als Partner

US-Außenministerin beschwört einen Neuanfang in den transatlantischen Beziehungen. Gemeinsame Werte sollen Freiheit und Demokratie fördern

PARIS taz ■ US-Außenministerin Condoleezza Rice hat gestern Nachmittag in Paris die Europäer aufgerufen, ein „neues Kapitel“ in den transatlantischen Beziehungen zu öffnen. Präsident Bush wolle „ein starkes Europa als Partner“, um eine „sicherere demokratische“ Welt zu schaffen, sagte sie im Institut für Politikwissenschaften der berühmten Pariser Universität Sorbonne. Die transatlantischen Beziehungen müssen für Rice weit über die Nato hinausgehen: „Die größten Anstrengungen liegen noch vor uns.“ Bevor sie gestern Abend Staatspräsident Jacques Chirac und Außenminister Michel Barnier traf, sprach Rice auch von der „historischen Chance auf Frieden“, die sich mit dem israelisch-palästinensischen Waffenstillstand ergebe.

Rice' Auftritt war die Inszenierung der franko-amerikanischen Aussöhnung nach dem Irakkrieg. Sie wählte die Hauptstadt des ärgsten Irakkriegsgegnerlandes für ihre Grundsatzrede aus, sprach von den „gemeinsamen Werten“ der USA und Europas, die in der Geschichte wiederholt auf derselben Seite gestanden hätten, und kündigte damit eine neue Epoche an. Freilich ohne grundsätzlich von der alten abzurücken. Damals war sie persönlich an der Verrohung der transatlantischen Verhältnisse beteiligt. Im Jahr 2003, kurz nach dem Sturz von Saddam Hussein, gab sie die Parole aus: „Russland verzeihen, Deutschland ignorieren und Frankreich bestrafen.“ Nach dem Ende der Bush-I-Administration und nach dem Abschluss der Wahlen im Irak beendet sie jetzt das Frankreich-Mobbing.

Die US-Amerikanerin „macht“ Europa und den Nahen Osten in sieben Tagen. Bei diesem Trip in ihrer ersten Amtswoche macht sie allerdings um Spanien, das das seine Truppen aus dem Irak abgezogen hat, einen Bogen. Rechtzeitig zur Anreise von Rice kündigten die USA gestern auch als weitere versöhnliche Geste an, dass sie die drei letzten französischen Gefangenen von Guantánamo freilassen werden. Am Abend bereitete Rice zusammen mit Chirac dessen am 21. Februar geplantes Dinner mit Bush vor. Anschließend traf sie ihren Pariser Kollegen Barnier. Ebenfalls ein Nachfolger. Ihre und seine Wege hatten sich schon in den Vortagen gekreuzt.

DOROTHEA HAHN