Zehn Jahre Stunk in Neuss

Das Theater am Schlachthof feiert eine Dekade als Kulturzentrum. Begonnen hat alles einmal als „Neusser EIGEN-art“. Heute finden über 200 Veranstaltungen im Jahr statt und ab und zu übernimmt auch einmal ein Himmelfahrtskommando

VON PETER ORTMANN

Im Himmel auf Wolke Sieben war die Hölle los, doch das Stunk-Ensemble ist glücklich zurückgekehrt. Auch wenn es ein Himmelsfahrtskommando war, besonders als islamische Fundamentalisten ihre 72 Jungfrauen abholen wollten. Doch kein Jeck ist vom Himmel gefallen. Seit gestern ist man im Theater am Schlachthof in Neuss wieder zur Tagesordnung übergegangen. Und die heißt: Über 200 Veranstaltungen im Jahr organisieren und zehntausende Zuschauer zufrieden stellen.

Begonnen hat alles 1987 mit Kunstaktionen unter dem unscheinbaren, aber programmatischen Titel „Neusser EIGEN-art“, die von jungen Theatermachern und Kabarettisten initiiert wurde. Ein Verein machte sich die Förderung der freien Szene in der Stadt zur Aufgabe. Doch das Fehlen von Probe-, Aufführungs- und Lagerstätten wurde zu einem größer werdenden Problem. In Zusammenarbeit mit der Stadt wurde eine Lösung gefunden. Mit Hilfe von Sponsoren, Mitteln des Landes NRW, der Kommune und etwa 10.000 ehrenamtlichen Arbeitsstunden wurde ein Traum Wirklichkeit: Im August 1994 wurde das Theater am Schlachthof eröffnet.

Zehn Jahre später hatten dort 46 Schauspiele und über 40 Comedy- und Kabarettprogramme ihre Premiere. Am Anfang gab es von der Stadt Neuss 15.000 Mark Zuschuss für die laufenden Betriebskosten. Heute liegt der Umsatz des Theaters bei 400.000 Euro, wobei die Stadt Neuss mit einem Anteil von 86.600 Euro vertreten ist. Die restlichen Mittel werden je zur Hälfte durch Drittmittel (besonders durch das Land NRW, Arbeitsamt, Sozialamt) und Eigenmittel getragen. Im Laufe der Jahre hat sich auch die künstlerische Arbeit der einzelnen Ensembles stetig weiterentwickelt. Die logistische Unterstützung durch das TaS ermöglichte allen Gruppen, sich weitgehend auf die künstlerische Produktivität zu konzentrieren.

Seit 2001 verfügt das Theater über einen neuen Saal, der die Enge im Haupthaus beendet hat und das Theater zu einem richtigen „Kulturzentrum“ im Neusser Stadtteil Barbaraviertel machte. Von September bis Juni werden heute drei bis fünf Aufführungen in der Woche bewältigt. Der Spielplan wird immer noch zu über 90 Prozent von den hausinternen Kabarett- und Theaterensembles gestaltet. Dabei reicht die Palette von Kabarett und Comedy über klassisches und modernes, experimentelles Theater bis hin zu Improvisationstheater, Live-Shows und Zauberei.

Der Spielplan wird ergänzt durch qualitativ hochwertige Gastspiele, vor allem im Kindertheaterbereich. Der bietet ein vielfältiges Programm für Kinder im Alter zwischen drei und zwölf Jahren, das jeweils am Sonntagnachmittag stattfindet und Eltern und Kinder bisher gleichermaßen begeistern konnte. Die aktuellen Eigenproduktionen des TAS heißen: Felix im Zirkus, Die neugierige kleine Hexe und Professor English Clown.

Das Projekt Jugendensemble wurde 1997 ins Leben gerufen. Jugendliche können seitdem ihre ersten Gehversuche auf den Brettern, die die Welt bedeuten unter fachkundiger Anleitung wagen. Das Musical „Linie 1“, und die Revue „Zeitrave“ waren die ersten Ergebnisse. Mit Suburbia“ unter der Regie von Sven Post entwuchs das Ensemble den Kinderschuhen. Der größte Erfolg ist der alte Oberstufenklassiker„Der Club der toten Dichter“.