Grimmige Miene zum traurigen Spiel

In seinem Jahresbericht zeichnet der Rechnungshof ein düsteres Bild von der Hamburger Haushaltslage und empfiehlt Abkehr von kurzfristiger Interessenbefriedigung hin zu einer nachhaltigen Finanzpolitik. Auch soziale Fürsorge bleibt nicht ungeschoren

von Markus Jox

Jann Meyer-Abich trug, passend zum Anlass, seine alljährliche Leichenbittermiene zur Schau: Die Überprüfung der Haushaltslage Hamburgs nämlich, die der Präsident des Rechnungshofs gestern im Rathaus vorstellte, führte wie in den Vorjahren auch dieses Mal zu einem „ernüchternden Ergebnis“. Und das sei „noch vorsichtig formuliert“.

Von 1994 bis 2006 werde die Verschuldung der Hansestadt um 11,4 Milliarden auf über 26 Milliarden angewachsen sein, die Tendenz sei weiter steigend, so der oberste Rechnungsprüfer in seinem Jahresbericht. Trotz günstiger Konjunkturprognosen sieht er „dunkle Wolken“ über Hamburg heraufziehen: Die Steuer- und Wachstumserwartungen des Senats seien ebenso optimistisch wie die Entlastungshoffnungen durch Hartz IV. Die Zahlungen in den Länderfinanzausgleich stiegen wohl weiter an, und für Rentenansprüche der Beschäftigten in den Landesbetrieben Krankenhäuser und pflegen&wohnen sowie des Universitätsklinikums in Höhe von einer Milliarde Euro sei bislang keinerlei finanzielle Vorsorge getroffen worden.

Das Rezept, das der Rechnungshof dem klammen Stadtstaat empfiehlt, besteht aus Streichen von Subventionen, Vereinfachen des Steuerrechts und, vor allem, eisernem Sparen. Die Kernaufgaben des Staates seien neu zu definieren, dozierte Meyer-Abich. Auf „Schonbereiche, die Erhöhung von Standards und Steuersenkungen“ sei zu verzichten. Die Vision des Präsidenten: „Warum sollen die Bürger nicht auch in der Verschuldungspolitik das erzwingen können, was sie Ende der 60er Jahre in der Umweltpolitik erreicht haben: die Abkehr von kurzfristiger Interessenbefriedigung hin zu Nachhaltigkeit, langfristiger Verantwortung und Sozialverträglichkeit.“

„Besonders gravierende Mängel“ machten seine Prüfer beim Dienstsport der Polizei aus: Konzeption und Durchführung seien mangelhaft, eine Zielsetzung gebe es ebensowenig wie Teilnahme- und Erfolgskontrollen: „In dieser Form macht der Dienstsport keinen Sinn, weil Polizeibeamte ohne jeden gesicherten Ertrag ihrer Kernaufgabe entzogen werden.“

Scharf monierte der Rechnungshof eine „Vielzahl gewichtiger Mängel“ bei der Anstalt Hamburger Friedhöfe. So seien 300.000 Euro für ein immer noch nicht gebautes Friedhofscafé vergraben worden. Dass Privatisierung „bei weitem nicht immer zu mehr Wirtschaftlichkeit führt“, zeigte Meyer-Abich anhand der Stellplatzvermietung im Volkspark. Dort seien statt der in Aussicht gestellten eine Million Euro bislang nur 10.000 Euro geflossen.

Auch nicht ungeschoren kam die soziale Fürsorge davon. So kritisierte der Rechnungshof, dass die Verwaltung ihren selbst gesetzten Richtwert für die Größe von Sozialwohnungen für Ein-Personen-Haushalte „in 44 Prozent der Fälle“ überschritten habe. Obendrein fragte Meyer-Abich „die Politik“, welche Rechtfertigung es dafür gebe, „den genannten Richtwert auf 45 Quadratmeter festzulegen, wenn eine große Zahl der Sozialhilfeempfänger mit einem niedrigeren Flächenstandard auskommt“.

Fragwürdig findet er es auch, dass Schwerbehinderte in öffentlichen Verkehrsmitteln unabhängig von der Höhe ihres Einkommens unentgeltlich befördert würden. Dies sei eine steuerfinanzierte „Begünstigung mit persönlichem Genugtuungscharakter, aber ohne soziale Notwendigkeit“, behauptete Meyer-Abich grimmig, die kaum Menschen erklärt werden könne, die bei niedrigem Einkommen ihre Monatskarte selbst bezahlen müssten.