Personalrat: Clement go home!

In einem Brief prangern die Beschäftigtenvertreter des Landes die Umsetzung der Hartz-IV-Reform an. Berlins Jobcenter seien schlecht ausgerüstet und überlastet

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit kann einpacken. Das ist, knapp zusammengefasst, die Botschaft des Hauptpersonalrates des Landes an Wolfgang Clement (SPD). Und da beide sonst eher wenig miteinander zu tun haben, haben die Beschäftigtenvertreter gestern einen offenen Brief auf den Weg gebracht: Die Arbeitsmarktreform Hartz IV werde „im Schnelldurchlauf durchgezogen“, schreibt Personalratsvorsitzender Dieter Klang. „Sie geht damit zu Lasten der betroffenen Beschäftigten […] und zu Lasten der betroffenen arbeitslosen Menschen und ihrer Familien.“ Auf drei Seiten an den „Sehr geehrten Herrn Bundesminister“ holt Klang im Folgenden zum verbalen Rundumschlag aus. Clement antwortete gestern bis Redaktionsschluss nicht.

Bisher seien die Behörden vor allem damit beschäftigt, das Arbeitslosengeld II an die Betroffenen auszuzahlen – von einer besseren Vermittlung könne keine Rede sein: „Wann sich dieser Zustand ändert, ist nicht absehbar.“ Der Personalrat prangert besonders die Zustände in den Jobcentern an, die die rund 300.000 Berliner Arbeitslosengeld-II-Empfänger besser vermitteln sollen. „Ein Wunsch auf dem Papier“ sei Clements Behauptung, ein Mitarbeiter betreue 150 Leute: „In Berliner Jobcentern haben wir Fallzahlen zwischen 220 und 300.“ Die Center seien dem Andrang nicht gewachsen, schlecht ausgerüstet und hätten zu wenige Mitarbeiter.

Und sie seien völlig überlastet, schreibt Personalratschef Klang weiter. Überstunden seien die Regel. Obwohl vor Monaten ein zusätzlicher Bedarf von über 1.000 MitarbeiterInnen in den Centern errechnet worden sei, „stellt die Arbeitsagentur lediglich in geringer Anzahl ‚Unterstützungskräfte‘ mit Zeitverträgen ein“. Und die arbeitslosen Menschen müssten teilweise auf dem Boden sitzen, weil es in Wartezonen nicht genug Sitzplätze gebe.

In der Senatsverwaltung für Arbeit reagiert man gelassen auf die Kritik: „Die Fallzahlen sind zum Beispiel längst bekannt. Bekannt ist auch, dass sich alles erst einspielen muss“, sagt Sprecher Christoph Lang. Die Zeit für die Umsetzung der Arbeitsmarktreform sei sehr knapp gewesen, oberste Priorität habe nun einmal die Auszahlung des Geldes an die Betroffenen gehabt.

Zudem sei der Hauptpersonalrat für derlei Kritik überhaupt nicht zuständig, argumentiert Lang. Wenn die Zustände für die MitarbeiterInnen tatsächlich so dramatisch seien, wie in dem Brief behauptet, gehöre das in die zuständige Personalvertretung der Arbeitsagentur oder des Bezirksamts: „Läuft in Jobcenter XY etwas schief, muss dem dort natürlich nachgegangen werden.“ Die MitarbeiterInnen seien aber motiviert, leisteten gute Arbeit und nähmen auch Überstunden in Kauf.

Der Hauptpersonalrat vertritt zurzeit über 57.500 Angestellte, über 10.000 ArbeiterInnen und über 78.000 BeamtInnen des Landes Berlin. Darunter sind unter anderem Beschäftigte aus Bezirksämtern, Feuerwehr, Polizei, Gerichten oder Landeseinrichtungen wie Senatsverwaltungen.

ULRICH SCHULTE