Macht macht PDS nichts aus

Studie im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung widerspricht häufiger parteiinterner Kritik, die Regierungsbeteiligung schwäche die Sozialisten – vielmehr werde ihre Handlungsfähigkeit gestärkt

VON STEFAN ALBERTI

Die Realos in der PDS bekommen Rückendeckung aus unerwarteter Ecke. Eine Studie im Auftrag der zwar parteinahen, aber koalitionskritischen Rosa-Luxemburg-Stiftung bescheinigt dem rot-roten Bündnis drei Jahre nach seinem Start „sachorientierte, kooperative Zusammenarbeit“. Noch bedeutsamer für PDS-Vordenker und Wirtschaftssenator Harald Wolf, der sich schon im vergangenen September für eine Koalition mit der SPD über die Wahl 2006 hinaus ausgesprochen hatte: Die Studie stellt anderen Einschätzungen aus der PDS zum Trotz fest, dass sich die Regierungsbeteiligung auf die Partei nicht negativ ausgewirkt hat.

Die Studie räumt zwar ein, die Berliner PDS habe in der neuen Konstellation „Lehrgeld zahlen und Federn lassen müssen“. Sie widerspricht jedoch der mehrfach geäußerten Kritik, das Bündnis mit der SPD habe die PDS-Wahlniederlage bei der Bundestagswahl 2002 verursacht. „Es lässt sich keineswegs feststellen, dass die Regierungsbeteiligung der PDS geschadet habe“, heißt es in der bislang unveröffentlichten Studie, die der taz vorliegt. „Weder ihre Politikfähigkeit noch ihre Position im Wettbewerb der Landesparteien wurde geschwächt.“ Im Gegenteil: Die Regierungsbeteiligung habe die Handlungsfähigkeit der PDS Berlin insgesamt gestärkt.

Sozialisten und Sozialdemokraten hatten sich im Dezember 2001 nach nur 14-tägigen Gesprächen auf ein Bündnis verständigen können. Verhandlungen über eine Ampelkoalition von SPD, FDP und Grünen waren zuvor nach vierwöchigen Verhandlungen gescheitert. Anfang Januar 2002 stimmten bei einem außerordentlichen Parteitag mehr als 80 Prozent für ein solches Bündnis. Streit hatte es vorrangig um die Präambel des Koalitionsvertrags gegeben, die sich unter anderem mit der Fusion von KPD und SPD 1946, dem Mauerbau und der Entwicklung der DDR beschäftigt. Das Bündnis war erst die zweite rot-rote Koalition in der Bundesrepublik nach dem 1998 geschlossenen Bündnis in Mecklenburg-Vorpommern, galt aber als wesentlich bedeutsamer.

Autor der Studie ist der Sozialwissenschaftler Rolf Reißig, früher Institutschef an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED und in den 80er-Jahren mit der Annäherung von SED und SPD beschäftigt. Er erinnert in seiner Studie daran, wie unvorbereitet die PDS 2002 an die Regierung kam. Noch ein Jahr zuvor hatten die damaligen Fraktionschefs Wolf und Carola Freundl noch ein Papier verfasst, in dem sie davon sprachen, dass die Zeit bis zur erst 2004 erwarteten Wahl genutzt werden sollte, um politische Substanz für einen Regierungswechsel zu erarbeiten. Bisher, so die Autoren damals, habe die PDS ein tragfähiges Gesamtkonzept einer Reformpolitik für die ganze Stadt nicht formuliert.

Wolf, inzwischen Senator, sprach sich im September vergangenen Jahres dafür aus, die Koalition mit der SPD auch nach der Abgeordnetenhauswahl 2006 fortzusetzen. Er schlug der SPD dabei ein gemeinsames Vorgehen im Wahlkampf vor: Beide sollten darauf verzichten, sich wechselseitig Wähler abspenstig zu machen. Die Sozialdemokraten, derzeit in den Meinungsumfragen wieder führend vor der CDU, reagierten zurückhaltend auf dieses Angebot und beschränken sich auf eine „Schau mer mal“-Haltung. An der SPD als Koalitionspartner ab 2006 sind auch die Grünen interessiert. Ihre Fraktionschefin Sibyll Klotz bezeichnete jüngst ein Bündnis ihrer Partei mit der SPD als „wünschenswert für Berlin“.