berlinale szene Vorfreude

Beschleunigung

Im Grunde genommen beginnt die Berlinale mit dem Löschen der Berlinale-Mitteilungen, die die Mailbox verstopfen, und der Auswahl des Schrifttyps, in dem man in den nächsten zwölf Tagen schreiben wird. Ich entschied mich für die leicht sentimentalistische „Palatino“, vielleicht weil die Berlinale so ist wie Weihnachten, ebenfalls ambivalent: Je entschiedener man den Rummel ablehnt, je mehr man zuvor in Panik verfällt, desto größer wird die Freude, sich ab morgen im warmen Bauch eines Filmtheaters sanft von Bildern umspülen zu lassen.

Gestern meinte man, dass noch viel Zeit ist, bis es losgeht, und heute heißt es, die laufen ja schon, um in der Wettkampf-Metaphorik zu bleiben, in der die Filmfestspiele häufig kommentiert werden. Zwecks der Identitätsversicherung hatte ich also den ganzen Nachmittag die alten Hits gehört. Bei „Oral Annie“ fiel mir ein, dass der Film „Inside Deep Throat“ im Panorama-Programm „läuft“. Die amerikanische Dokumentation berichtet von dem Einfluss des Pornoklassikers und der Geschichte seiner Schauspieler. Hoffentlich interessant.

Schön ist auch, dass „Schni-Schna-Schnappi“, das kleine Krokodil, Nummer 1 der deutschen Musikcharts ist. Das liegt wie so vieles Unglück dieser Welt am großen Einfluss normalitätsfetischistischer Kinderkolumnisten und am Zynismus der Mitbürger. So viel zu Wettbewerb und Charts. DETLEF KUHLBRODT