Saddam-Freunde für Demokratie

Die iranischen Volksmudschaheddin rufen heute zu einer Kundgebung in Berlin auf

BERLIN taz ■ Der „Nationale Widerstandsrat Iran“, eine Tarnorganisation der iranischen Volksmudschaheddin, hat für heute zu einer „Kundgebung für Demokratie und Menschenrechte“ in Berlin aufgerufen. Auf dem Flugblatt wird Mariam Radschawi, die Präsidentin des Nationalen Widerstandsrats und Frau von Masud Radschawi, des „Führers“ der Volksmudschaheddin, zitiert: „Die Lösung für den Iran ist weder eine militärische Intervention noch die von der Europäischen Union betriebene Politik der Beschwichtigung. Die dritte Option heißt: Demokratischer Wandel im Iran durch die Bevölkerung und den Widerstand des Iran.“

Nach Angaben der Organisatoren wird die Kundgebung unter anderem vom Deutschen Bund für Sozialarbeit und Sozialpädagogik und der Internationalen Liga für Menschenrechte gesponsert und von zahlreichen Parlamentariern unterstützt. Dabei wurden die Volksmudschaheddin vor einigen Jahren von der EU und den USA als „terroristisch“ eingestuft.

Die oppositionellen Volksmudschaheddin hatten während des Iran-Irak-Kriegs Mitte der 80er-Jahre im Irak mit militärischer und finanzieller Unterstützung des Regimes von Saddam Hussein Stützpunkte errichtet, um von dort aus einen bewaffneten Kampf gegen das Regime der Mullahs im Iran zu führen. Doch zwei Versuche, die Grenze zu überschreiten, wurden bei Verlust hunderter ihrer Mitglieder zurückgeschlagen. Dennoch wurde jede Kritik daran, selbst wenn sie von führenden Mitgliedern stammte, im Keim erstickt. Mitglieder, denen die Flucht gelang, berichten übereinstimmend, dass in den Gefängnissen, die die Organisation als „Erziehungslager“ errichtet hatte, brutal gefoltert wurde.

Die Organisation, deren Ideologie eine Mischung aus Islamismus und Stalinismus bildet, geriet nach dem Sturz Saddam Husseins in eine prekäre Situation. Irakische Gruppen plädierten für die Ausweisung der Mitglieder der Volksmudschaheddin, da diese bei der Niederschlagung der Opposition gegen Saddam Hussein Armee und Geheimdienste Iraks unterstützt hätten. Die USA ordneten nach der Besatzung Iraks zwar die Entwaffnung der Volksmudschaheddin an, gewährten ihnen jedoch einen „besonderen Schutzstatus“. Der stellvertretende US-Außenamtssprecher Adam Erli erklärte, die Volksmudschaheddin würden weiterhin als terroristische Gruppe angesehen. Da sie jedoch während des Krieges nicht gegen die Koalition gekämpft hätten, würden sie gemäß der Genfer Konvention als „nicht kämpfend“ eingestuft.

Das lag vermutlich daran, dass Washington die Mudschaheddin als Druckmittel gegen Teheran einsetzen wollte. Darauf deuten US-Presseberichte hin, nach denen die USA seit dem Irakkrieg der Organisation auch finanzielle Hilfe gewähren. Dafür spricht auch die Position der Mudschaheddin, die zwar, wie dem Zitat Radschawis zu entnehmen ist, eine militärische Intervention gegen Iran nicht gutheißen, aber auch Gespräche mit Teheran, die gegenwärtig von der EU geführt werden, ablehnen.

Ohne Zweifel handelt es sich bei den Machthabern im Iran um eines der brutalsten Regime, die das Land je erlebt hat. Allerdings erscheint es äußerst problematisch, wenn eine Gruppe wie die Volksmudschaheddin, die bei ihrem Machtstreben nicht davor zurückscheut, sich mit Saddam Hussein zu verbünden oder sich von den USA instrumentalisieren zu lassen, das iranische Volk bei seinem Kampf um Freiheit und Demokratie anführen möchte. BAHMAN NIRUMAND