Zersplitterte Lager

Über eine Reform der Unternehmensbesteuerung sind sich weder Sozialdemokraten noch Unionspolitiker einig

BERLIN ap/rtr/taz ■ Die Debatte um niedrigere Unternehmenssteuern erhitzt weiter die Gemüter – und spaltet die Lager. Gestern lehnten Bundesfinanzminister Hans Eichel und SPD-Chef Franz Müntefering die Forderung nach einer Steuerreform ab. Sie fielen damit unter anderem Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement und auch Bundeskanzler Gerhard Schröder in den Rücken.

In der Union sieht es ähnlich aus wie bei den Sozialdemokraten: Während Fraktionsvize Michael Meister der Bundesregierung Verhandlungsbereitschaft bekundete, sprach sich die Frankfurter CDU-Oberbürgermeisterin Petra Roth im Namen des Deutschen Städtetages vehement gegen Steuerentlastungen für Unternehmen aus.

Eichel erklärte, Deutschland habe „schon jetzt die zweitniedrigste Steuerquote in der Europäischen Union“, nur die Slowakei liege noch niedriger. Müntefering sagte, dass die Steuersätze für Körperschaften in Deutschland „relativ hoch“, die Bemessungsgrundlagen dafür aber umso schmaler und löchriger seien. Wenn überhaupt, sehe er nur eine europaweite Lösung.

Gar „keinen Spielraum“ sieht dagegen Roth. Vor allem bei der Gewerbesteuer sei derzeit „nichts zu machen“. Solange sie an der Spitze des Städtetages stehe, werde deshalb nichts passieren. Falls die Gewerbesteuer abgeschafft werde, fehlten den Kommunen jährlich weitere 28 Milliarden Euro. Die müsse der Bund dann vollständig ersetzen.

Weniger Schwierigkeiten sahen dagegen die Wirtschaftsweisen Wolfgang Wiegard und Wolfgang Franz. Einen ausländischen Investor interessiere nicht die gesamtwirtschaftliche Steuerquote – die einiges über die Lastenverteilung im Land und die Handlungsfähigkeit des Staates aussagt –, sondern lediglich sein Steuersatz. Wiegard: „Hier sieht es in Deutschland ganz schlecht aus.“ BW