Hauptstadt macht Schule

Die Moks-Theaterschule startet – als Frucht guter Vorarbeit und des 2010-Fonds

Bremen taz ■ Was heißt „Kulturhauptstadt“ konkret? Zum Beispiel: Theaterschule. Am ersten März eröffnet im Kontorhaus Schildstraße die Kinder- und Jugendtheaterschule „Junge Akteure“. Und die hat, im Gegensatz zur Stadt an sich, nicht mal einen Kandidaten-Vorbehalt.

Das Geld für die vom Moks-theater ausgehende Schule kommt zunächst aus dem insgesamt 8,5 Millionen Euro schweren Kulturhauptstadt-2010-Fonds. Wie viel genau, wollen die Mitglieder des Vergabeausschusses nicht bekannt geben – aber offenbar reicht es für die Stelle eines künstlerischen Leiters (der noch gesucht wird), für einen halben Techniker und eine ebenfalls halbierte Organisationskraft. Zuzüglich eines Honorartopfes für Lehrpersonal in den Sparten Schauspiel, Phonetik und „Methoden des Tanztheaters“. Was aber passiert, wenn die Hauptstadtfonds-Gelder – die zunächst auf 2004 und 2005 begrenzt sind – auslaufen?

Eine Frage, die offenbar auch der im Vergabeausschuss vertretetene Finanzstaatsrat Henning Lühr (SPD) gestellt hat. Kultursenator Peter Gloystein (CDU) hat diversen Ohrenzeugen zufolge geantwortet: „Dann wird die Theaterschule in die Regelförderung des Kulturressorts übernommen.“ Einzelne Projekte sollen auch von der kürzlich ins Leben gerufenen Jugendkunststiftung Bremen, ebenfalls angesiedelt beim Kultursenator, bezuschusst werden.

Was ihr sehr zu wünschen wäre. Denn das Konzept der neuen Einrichtung baut auf der überaus erfolgreichen Arbeit des Moks auf. Dort gilt das Primat des Künstlerischen vor dem Pädagogischen – also die Annahme, dass eine „funktionierende“ Ästhetik eher beim Klientel ankommt und dort produktive Prozesse in Gang setzt als lediglich gut Gemeintes.

Konkrete Vorarbeit zur Einlösung dieses Anspruchs hat das Moks nicht nur mit seinen eigenen Produktionen geschaffen, die auffällig oft zum Berliner „Augenblick mal!“-Festival eingeladen werden, dem Treffen der „zehn besten deutschen Inszenierungen der vergangenen zehn Jahre“: Im April wird dort Klaus Schumachers „Playback Life“ aufgeführt. Auch die regelmäßig durchgeführten Jugendprojekte „Tank“ („Plattform für junge TheatermacherInnen“) und die „moks-Box“ können als weit gediehene Grundlage für die jetzige Schulgründung gelten. Hier wie dort geht es nicht um professionelle Frühförderung, sondern um Erprobungschancen für Kinder und Jugendliche (etwa ab zehn Jahre) in Bezug auf Persönlichkeitsentwicklung und soziale Kompetenz.

Uli Fuchs – früher selbst als Dramaturg am Moks tätig – wertet die Finanzierung der Theaterschule als eine der „Schlüsselentscheidungen“ bei der bisherigen Fondsvergabe an insgesamt 49 eingereichte Projekte. Zuspruch kommt auch von außerhalb. Für Henning Fangauf vom „Kinder- und Jugendtheaterzentrum in der BRD“ (Frankfurt/Main) gilt das Bremer Theater mit seiner Moks-Sparte als bundesweiter Vorreiter. In Stuttgart und Mannheim gäbe es ähnliche Ansätze im Planungsstadium, aber um real existierende Vorbilder zu finden muss man schon in die Niederlande oder an die Schule des Jungen Theaters Basel gehen.

Auch das Moks selbst begann – wie der Name noch verrät – als durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung befristet finanzierter „Modellversuch Kunst und Schule“ – vor nun mehr 28 Jahren. Anscheinend hat die Moks-Schule noch bessere Startbedingungen.

Henning Bleyl

Die erste Produktion der Theaterschule ist vom 19. bis zum 27. Februar im Güterbahnhof (Tor 48) zu sehen: Die Uraufführung von „Wo geht’s hier nach Morgen?“ über die Transitsituation zwischen Kindheit und Erwachsensein. Interessenten für weitere Projekte und das Kursprogramm können sich unter ☎ (0421) 3653 440 informieren