Sternschnuppen

Für die MitarbeiterInnen der Verlagsgruppe Milchstraße beginnt eine neue Zeit. Wenn es schlimm kommt, allerdings nur noch für die Hälfte von ihnen

VON STEFFEN GRIMBERG

Ein Brief aus dem Süden Deutschlands ist nach Hamburg eine Nacht unterwegs. Spätestens zum Wochenanfang erwartet man in der Verlagsgruppe Milchstraße Post. Unangenehme Post. Bis zu 200 Mitarbeiter – knapp die Hälfte der Gesamtbelegschaft – könnten schlimmstenfalls von der Integration des Hochglanz- und Lifestyle-Kosmos ins Paralleluniversum der Hubert Burda Media betroffen sein, schätzt der Betriebsrat.

Seit zehn Jahren ist Burda bereits an der Milchstraße beteiligt, Ende 2004 hatte er die Verlagsgruppe mit ihren Titel wie TV Spielfilm Amica, Max, Cinema und Tomorrow für 28 Millionen Euro komplett übernommen. Verlagsgründer Dirk Manthey hält nur noch Anteile an Fit For Fun und My Life.

Eigentlich könnte man auch längst schon weiter sein – schließlich hatte das Kartellamt wie erwartet schon Ende Januar seinen Segen für die Übernahme der Milchstraße und ihrer noch 430 MitarbeiterInnen gegeben. Doch da war Burdas Geburtstag vor. Fünfundsechzig wurde der Jubilar diesen Mittwoch. „Veränderungen sind nicht immer einfach“, hatte er schon kurz nach Weihnachten mit der „Hoffnung auf gute Zusammenarbeit“ an die „lieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ der Milchstraße geschrieben. Und von solchen Veränderungen sollte die Jubelfeier nicht überschattet werden.

Jetzt ist alles in Position: Man stelle sich auf alles ein, sagt der Betriebsrat, und kampflos wolle man das Feld schon gar nicht räumen. Leicht wird das nicht: Denn Hubert Burda hat seinen „journalistischen Vorstand“, Focus-Erfinder Helmut Markwort, zur Faktensuche an die Alster geschickt. Der Leiter des „Integrationsausschusses Milchstraße“ mag keine Betriebsräte, beim Focus gibt es denn auch keinen.

Zur Befriedung ließ Burda verkünden, er denke auf keinen Fall über Titel-Stilllegungen nach, wie ihm Milchstraßen-Gründer Manthey indirekt im Spiegel unterstellt hatte. Schließlich ergänzten die „männlichen“ Magazine wunderbar die angestammte, weiblichere Burda-Welt von Lisa bis Bunte. Doch dass die Redaktionen zunächst wohl ungeschoren davonkommen, hilft auf Verlagsseite wenig: Waren bis jetzt die Anzeigen-, Event- und Vertriebsstrategen die Götter im Milchstraße-System rund um den feinen Hamburger Stadtteil Rothenbaum, gehören sie jetzt zu den sicheren Verlierern: „Die Hierarchien drehen sich total um“, schätzt ein Insider. Denn die Verlagsarbeit könnten die Burda-Hauptquartiere in Offenburg und München von heute auf morgen mit übernehmen. Für die Redaktionen, die bislang „eher die Grauwerte zwischen den bunten Anzeigen zu füllen hatten“, bedeutet das eine gewisse Sicherheit – erst mal.

Denn mit rund 10 Millionen Lesern steht die Milchstraße einerseits nicht schlecht da. Doch Gewinn fährt die Gruppe, die nach letzten verfügbaren Zahlen (2003) rund 160 Millionen Euro Umsatz machte, nur noch dank TV Spielfilm und Fit for Fun ein. Einst, im Milchstraße-Jahr 2000, waren es noch 251 Millionen Euro Umsatz und doppelt so viele Mitarbeiter. Auch die Auflagen vieler Milchstraße-Klassiker sehen nicht eben bombig aus: Amica liegt mit 178.210 Exemplare im Frauenmarkt weit hinten. Max, mit dem Manthey einst den Stern (Auflage: 1,09 Millionen) zum Erlöschen bringen wollte, kommt aktuell auf gut 170.000 Hefte pro Ausgabe.

„Es ist großartig, welche Titel Dirk Manthey entwickelt hat“, erwies Burda jüngst dem Gründer und dessen äußert laxen Führungsstil Reverenz. Im schicken Hamburg kann sich jetzt mancher Cabrio-Fahrer auf ein ganz anderes Management nebst ganz neuer Anreizen gefasst machen: „Menschen freuen sich, wenn ihre Arbeit anerkannt wird“, sagte Burda der Süddeutschen: „Wir haben auch Krawatten oder Tücher für Mitarbeiter, die etwas Tolles tun.“