Die Dauerwerbesendung

Mamadee tritt für NRW beim Bundesvision Song Contest in Oberhausen an – der beste Ort zum Karrierestart

Musiker gehen in Talkshows. Das hat zumeist simple Gründe: Der Musiker hält seine neue Platte in die Kamera, grinst, gibt das Übliche zu Protokoll. Wenn es gut läuft, wenn die Einschaltquote stimmt und das Produkt massenverdaulich ist, steigen anderntags die Verkaufszahlen. Die beste Sendung, die im deutschen Fernsehen dafür derzeit existiert, ist Stefan Raabs „TV Total“: ein paar Minuten bei Pro Sieben, und die Kassen klingeln.

Das weiß auch Mamadee, eine junge Frau, die bisher vor allem als singender Bühnenhintergrund von Raggae-Star Gentleman bekannt war. Die in Zwickau geborene Deutsch-Afrikanerin kam vor sechs Jahren nach Köln, wo sie sich den Sisters Keepers anschloss, einem Musikprojekt gegen Rassismus. Das brachte ihr die ersten Kontakte in die Musikszene, zu Gentleman, zu Gottes Chef-Musiker Xavier Naidoo. Aber das rückt jetzt ins Abseits. Mamadee will als Solo-Künstlerin Karriere machen.

Am vergangenen Montag saß sie deshalb auf Raabs Couch, ihr gegenüber der Moderator in einem wanztigen Bienen-Kostüm. Es war ja Rosenmontag, und das heißt bei Raab: noch mehr Unsinn als ohnehin üblich. Aber egal, der Zweck heiligt die Mittel. Und Mamadee hatte genug Zeit, sich einem Millionenpublikum zu verkaufen, bevor sie heute Abend die nächste Bühne im Promo-Theater betritt: den „Bundesvision Song Contest“.

So hat Raab seinen Sangeswettbewerb genannt, den er auch als als Seitenhieb auf den „Eurovision Song Contest“ verstanden wissen will. In der Oberhausener Arena tritt für jedes Bundesland ein Künstler, eine Band auf: für Berlin beispielsweise Muttersöhnchen Sido, der Wir sind Helden-Abklatsch Juli für Hessen und für NRW Mamadee. Voraussetzung: Die dargenbotenen Songs müssen mindestens zu 70 Prozent deutschsprachig sein. Fragt man die 25-Jährige, ob sie für das Land antritt oder bloß, um ihre Karriere, wie man in der Branche sagt: zu pushen, antwortet sie: „Natürlich für NRW“, und schiebt, sich ihrer Hülse bewusst werdend, hinter her: „Natürlich will ich auch viele Leute erreichen, der Song Contest ist eine gute Chance für mich.“

Und doch er ist nur ein winziges Rad in der ratternden Werbe-Maschine: Als Mamadee bei Raab ihren Reggae-Song „Lass los“ schmachtete, bannerten die NRW-Lokalradios, wo das Lied seit Wochen auf und ab dudelt, ihren Slogan auf die umstehenden Monitore. Als Nachwuchs-Musiker in die Radio-Rotation zu geraten ist unüblich. Aber wenn Raab anklopft, wenn Gentleman singt, Helmut Zerlett auf der Platte Piano spielt, dann – siehe oben: steigen die Verkaufszahlen, der Bekanntheitsgrad usw.

Dabei könnte Mamadee längst bekannt sein. Sie sollte die Hauptrolle beim Musical Aida in Essen bekommen, lehnte aber ab. „Typisch für mich“, sagt sie. Und dann kommt die Story von der Freundin, die ihr vom Casting erzählte, weshalb sie dann eigentlich, aber plötzlich – keine Lust: „Wenn du etwas durchziehen willst, musst du es lieben, und das habe ich bei Aida nicht getan.“ Heute Abend singt Mamadee in einer Dauerwerbesendung. Das hingegen liebt sie.

BORIS R. ROSENKRANZ