NRW droht Arbeits- im Landtagswahlkampf

Tarifeinigung im öffentlichen Dienst kommt NRW-Landesregierung ungelegen. Weil die CDU-Länder eine Übernahme des Tarifkompromisses ablehnen, muss Rot-Grün in Düsseldorf einen Streik vor der Landtagswahl im Mai fürchten

DÜSSELDORF taz ■ Die Gewerkschaft ver.di droht der NRW-Landesregierung mit Streiks im öffentlichen Dienst. „Wenn die Tarifgemeinschaft der Länder bei ihren Positionen bleibt, bleibt uns nichts anderes übrig“, sagte ver.di-Landeschefin Gabriele Schmidt gestern zur taz. Hintergrund ist die Weigerung der Bundesländer, den Aschermittwochs-Tarifkompromiss zwischen ver.di, Bund und Kommunen zu übernehmen. Während NRW-Finanzminister Jochen Dieckmann (SPD) den Tarifabschluss vorsichtig lobte, will die Mehrheit der CDU-dominierten B-Länder längere Arbeitszeiten und Kürzungen bei Urlaubs- und Weihnachtsgeld durchfechten.

Bereits vor zwei Jahren hatten die Länder den Verhandlungstisch verlassen und waren deshalb am Mittwoch nur Zuschauer, als sich ver.di mit dem Bund und den kommunalen Arbeitgebern einigte. Gewerkschaft und staatliche Arbeitgeber vereinbarten den Einstieg in eine leistungsbezogene Bezahlung und flexiblere Arbeitszeiten für die 2,3 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen. Die Arbeitszeit der Beschäftigten des Bundes wird in Ost und West auf einheitlich 39 Stunden pro Woche angeglichen. Für die 2,1 Millionen Mitarbeiter der Kommunen bleibt es bei 38,5 Wochenstunden im Westen (taz berichtete). Eine Tarifeinigung für die 900.000 Länderangestellten und -Arbeiter (davon rund 250.000 in NRW) steht indes weiter aus.

NRW-Finanzminister Dieckmann lobte die „vernünftigen und interessanten Aspekte“ des Kompromisses. Der Chef-Verhandler der Bundesländer, Niedersachsens CDU-Finanzminister Hartmut Möllring, gab dagegen den Scharfmacher. „Die Zeit arbeitet für uns“, sagte Möllring gestern im WDR. Bis zu einem Abschluss würden die Länder bei Neueinstellungen oder Vertragsänderungen an ihren unterschiedlichen Regelungen bei Arbeitszeit und Sonderzahlungen festhalten. „Jeder, der neu kommt, arbeitet in Niedersachsen 40 Stunden, in Nordrhein-Westfalen 41 Stunden, kriegt bei uns kein Weihnachts- und Urlaubsgeld“, sagte Möllring. Ob er will oder nicht: Dieckmann sitzt nun mit den tarifpolitischen Hardlinern aus den B-Ländern in einem Boot.

ver.di NRW beriet gestern über den tariflosen Zustand in den Bundesländern. „Wir fordern die Länder auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren“, sagte ver.di-Landeschefin Schmidt. Die erwünschten Öffnungsklauseln für längere Arbeitszeiten würden die Länder „nicht bekommen“, bekräftigte Schmidt auf taz-Anfrage.

„Das Tischtuch zwischen Ländern und ver.di sollte nicht zerschnitten werden“, warnt Monika Düker, innenpolitische Sprecherin der grünen Landtagsfraktion. Es sollte der Versuch unternommen werden, sich auf einen Tarif für die Länder zu einigen, fordert die Landtagsabgeordnete. Weil derzeit kein Kompromiss in Sicht ist, droht der Düsseldorfer Landesregierung nun ein Arbeitskampf zur Unzeit. Das Schreckensszenario für die rot-grüne Koalition am Rhein: Ein Streik wenige Wochen vor der NRW-Landtagswahl am 22. Mai.

MARTIN TEIGELER