Sturm im Gelsenwasserglas

Können ausgeschiedene Oberbürgermeister noch kommunale Interessen in Konzernen vertreten? CDU-Mann Wittke verlässt den Gelsenwasser-Aufsichtsrat, sein SPD-Kollege Stüber bleibt

VON KLAUS JANSEN

Gelsenkirchens ehemaliger Oberbürgermeister Oliver Wittke (CDU) hat sein Mandat im Aufsichtsrat bei Gelsenwasser niedergelegt. SPD und Grüne im Gelsenkirchener Stadtrat hatten zuvor kritisiert, dass der frühere Rathauschef und jetzige RAG-Mitarbeiter nach seiner Abwahl nicht mehr die Interessen der Stadt vertreten könne. „Ich hätte mit Fug und Recht mein Amt behalten können. Das wäre aber in der aufgeheizten Stimmung nicht gut vermittelbar gewesen“, sagte Wittke gestern der taz. Der ehemalige Bochumer Oberbürgermeister Ernst-Otto Stüber (SPD), der im Oktober aus Altersgründen nicht mehr zur Kommunalwahl angetreten war, möchte sein Amt im Aufsichtsrat trotz Kritik jedoch behalten.

Wittke und Stüber waren beide im Jahr 2001 als städtische Vertreter in den Aufsichtsrat des internationalen Großkonzerns gewählt worden. Nachdem die Mehrheitsbeteiligung an der früheren E.ON-Tochter aufgrund einer Kartellamtsentscheidung im Jahr 2003 für 835 Millionen Euro an die Kommunen Bochum und Dortmund übergegangen war, fungierte Stüber sogar für ein Jahr als Aufsichtsratsvorsitzender. Die Mandate für beide gelten bis 2006.

Ihre satte Vergütung – Wittke erhielt allein im vergangenen Jahr rund 26.000 Euro, Stüber bekam 39.583 Euro – haben beide Politiker nach eigenen Angaben auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Rathaus in vollem Umfang an ihre Städte abgeführt. Dass sie als kommunale Vertreter nach ihrem Amtsverlust ungeeignet seien, finden beide nicht: „Es gab keinen Interessenkonflikt mit meinem Beruf. Außerdem vertrete ich noch immer Gelsenkirchener Interessen“, so Wittke. Sein Aufsichtsratskollege und früherer politischer Gegner Stüber zweifelt zwar daran, dass Wittke „als RAG-Mann und aktiver Politiker“ seine Gelsenwasser-Tätigkeit „rein zeitlich hinbekommt“, sieht den Fall bei sich jedoch anders gelagert. „Ich habe Zeit. Ich arbeite immer noch ehrenamtlich sehr eng mit der Stadt Bochum zusammen“, sagte er der taz. Außerdem habe ihn die – ebenfalls sozialdemokratische – Stadtverwaltung noch nicht gebeten, sein Mandat niederzulegen. Dies tut dafür die CDU: Der Posten müsste „zwingend mit einem Vertreter der Stadt besetzt sein“, Herr Stüber erfülle nach seinem Ausscheiden die nötigen Voraussetzungen nicht mehr, sagte der Bochumer CDU-Fraktionschef Lothar Gräfingholt.

Favorit als Nachfolger Wittkes im Aufsichtsrat ist der Sozialdemokrat Frank Baranowski, der Wittke auch als Gelsenkirchener OB beerbt hat. Gelsenwasser wollte sich gestern zu der Personalie nicht äußern. Ein führender CDU-Politiker aus dem Ruhrgebiet sagte jedoch: „Es ist unwahrscheinlich, dass die sozialdemokratischen Anteilseigner Dortmund und Bochum im sozialdemokratischen Konzern Gelsenwasser einen Gelsenkirchener Sozialdemokrat verhindern werden.“