der wochenendkrimi
: Glotzt nicht so romantisch!

Manche Sätze klingen einfach wunderbar, wahr werden sie dadurch nicht. „Kinder sind der Sinn des Lebens“ ist so einer. Wer mag da schon widersprechen. Das tut nicht mal Bella Block (Hannelore Hoger), die ja sonst immer das letzte Wort hat. Blocks Lebensgefährte, Vater einer erwachsenen Tochter, berichtet ihr von Freud und Leid der Erziehung – die Kommissarin selbst beißt sich derweil die Zähne an einem kaltschnäuzigen Teenager aus.

Die Schülerin war zuvor entführt worden, mag die traumatische Erfahrung aber nicht teilen. Sie will kein Opfer sein. Erst als sie dann zur Täterin wird, ist das Mädchen, kühle Logik, für die Ermittlerin fassbar. Gerechtigkeit ist eine schwierige Angelegenheit; in keiner anderen deutschen Krimiserie wird diese Erkenntnis so konsequent umgesetzt wie in „Bella Block“. Tröstlich klingende Gemeinplätze werden demontiert, die revanchistischen Gelüste des mitfühlenden Zuschauers laufen ins Leere. Der Zuschauer soll eben nicht mitfühlen, er soll mitdenken. Block ist keine gute Fee mit Dienstmarke, stattdessen kommentiert sie trocken, zuweilen bellend die ethischen Implikationen des Falles. Kein Trost, nirgends.

Regisseur Markus Imboden („Spiele der Macht“) und Autor Richard Reitinger reizen das erzählerische Konzept voll aus. Die Täter sind von vornherein klar, nur die Kommissarin tappt erst mal im Dunkeln. Das Publikum wird Zeuge eines riskanten Konfliktkurses: Das Opfer sucht die Nähe zum Täter, kann diese Annäherung aber nicht mit Bedeutung aufladen. Das Opfer bekommt keine Erklärung, keine Genugtuung, nein, nicht mal ein bisschen von dem Lösegeld, das die Entführer kassiert haben. So zeichnet diese Episode eine Bewegung in eine Art kriminalethisches Vakuum nach. Es gibt keine Schuld-und-Sühne-Logik, in der das Opfer sinnvoll aufgehen könnte.

Dass der von klassischen Spannungselementen weitgehend entschlackte Krimi seine enorme Dringlichkeit entwickelt, liegt vor allem an den Schauspielern. An Sophie Rogall als störrisches Opfer, an Devid Striesow als Blocks neuer, effizienter, aber maulfauler sidekick und natürlich auch an Rudolf Kowalski als Lebensabschnittsgefährte der Ermittlerin, der mit seinen unendlich scheinenden Weisheiten dann doch recht schnell an Grenzen stößt. Am Ende, als er von Block zu einer Arbeitsreise zum Flughafen gefahren wird, revidiert er den Spruch „Kinder sind der Sinn des Lebens“ in „Liebe ist der Sinn des Lebens“. Aber als er sich nach dieser weihevollen Nullaussage zum Fahrerfenster runterbeugt, um den Lohn seiner Zärtlichkeit einzufordern, hat Bella Block schon längst aufs Gas gedrückt und ist weggedüst. CHRISTIAN BUSS

„Bella Block – … denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Sa., 20.15, ZDF)