DIE KRIEGSREPORTERIN

SILKE BURMESTERberichtet jeden Mittwoch von der MEDIENFRONT.

„BILD“ SCHRUMPFT, DSCHUNGEL SCHLIESST, FREIE KLAGEN
Boulevard für Hamster, und Döpfner ist gerade bei „P“

Ja, liebe taz-Medienredaktion, der Kampf auf den Straßen um die Gunst der Leser und Leserinnen fordert sein erstes Opfer: mich. Sehstörungen in Folge von Bild-Einschlag.

An diesem Montag startete der Axel Springer Verlag in München seinen Testlauf Bild CityBild im Tabloidformat. Das Original runtergebeamt auf 27,5 x 32 Zentimeter. Mit „Alles drin!“, wie ein Button verrät. Und mit einer Schriftgröße von zuweilen vier Punkt.

Hatte der Springer Verlag noch vor wenigen Jahren überlegt, mit einer Kinder-Bild Lesernachwuchs heranzuziehen, will man jetzt neue Käufer unter Pendlern und jungen Erwachsenen rekrutieren. Das neue Modell soll das alte nicht ersetzen, sagt Bild-Sprecher Tobias Fröhlich am Telefon und spricht von einem Zusatzangebot, über dessen Dauer er keine Informationen gibt.

Der Verlag täte gut daran, eine Lesebrille mitzuliefern, denn was nützt der infamste Inhalt, wenn er vor den Augen flimmert? Praktisch allerdings ist die Mini-Bild im Alltag: Als Unterlage passt sie besser in den Vogelkäfig oder das Hamsterzuhause.

Die Branche beunruhigende Meldungen kommen dieser Tage aus Köln. Nicht nur, dass das bewährte Casting-Modell „Jede-Folge fliegt eine raus“ in der Verpackung von „Mission Hollywood“ mit Til Schweiger in der Hauptrolle nicht zünden will, auch das RTL-Dschungel-Camp muss wegen Erfolglosigkeit schließen. Das Einknicken an der Ekelfront ist aber weniger dem unterirdischen Konzept oder den von Würde befreiten Kandidaten geschuldet, als vielmehr dem einbrechenden Werbemarkt. Hier allerdings fragt sich, wer bei den Kölnern die Akquise macht. Guarana-Smoothie, Kakerlaken-Knusper-Flakes oder Scampi in Sperma-Dip – zielgruppengenauer kann Werbung kaum geschaltet werden.

Auf bessere Zeiten hin wird in der Grafikabteilung des Senders gearbeitet. Hier wird das Logo entworfen, das ab 2010 das Product-Placement begleiten könnte, das im Zuge der EU-Mediendienstrichtlinie auch in Deutschland gängige Praxis werden wird. Bleibt die Frage, wie der Zuschauer damit umgeht, wenn außerhalb der Werbeblöcke das Buchstabenmonster „Unterstützt durch Produktplatzierung“ zum ständigen Progammbegleiter wird und man sich fragt, was an Peter Klöppel platziert sein mag. Die Haare? Der Anzug?

Diplomatie ist die aktuelle Waffe im Existenzkampf der freien Journalisten und Fotografen. Anlässlich der anstehenden Novellierung des Urheberrechts haben die Freienorganisationen „Freischreiber“ und „Freelens“ ihren Widerstand gegen die Buy-out-Verträge der Verlage und deren Dumpingpolitik formuliert, um sie Ende der Woche beim Justizministerium einzureichen. Zwar rechnet man nicht mit einer Anhörung vor der Wahl im September, wohl aber mit der Erkenntnis des Gesetzgebers, dass die Absicht, die Rechte der Urheber zu stärken, durch die Novellierung des Urhebergesetzes 2002 gescheitert ist.

Soeben erreicht mich folgende unbestätigte Meldung: Mathias Döpfner, so heißt es, hocke noch immer hinter den verschlossenen Türen seines Boudoirs und arbeite an der Liste derer, die sich bei Springer entschuldigen sollen. Laut gut unterrichteten Kreisen ist er beim Buchstaben „P“ angelangt.

Damit zurück nach Berlin.