WERBEPAUSE: DER „BILD“-BOY

Nicht nur Ulla Schmidt, auch die sexuelle Revolution kommt aus Aachen. Sie, also jetzt nicht Ulla Schmidt, ist 1,82 Meter groß, 76 Kilo schwer und männlich. Seit gestern nämlich hat die Bild einen Seite-1-Boy. Alexander (20), blonder Bürstenschnitt, Typ Tanzflächenrandsteher, ist nun also Spintluder. Hunderte Boys hatten sich dafür bei Bild beworben. Alexander ist nun offenbar noch der Beste davon. So sehr man diesen heldenhaften Vorstoß zur Gleichberechtigung begrüßen muss, künstlerisch ist die Männer-Quasiaktfotografie durchaus ausbaubar. Die Aufnahme stammt, so verrät der Fotonachweis, von „Schoko-Auge“, das Alexander als David Beckham für Anspruchsarme in Schiesser-Restbestand statt in Armani-Unterhosen ablichtet. Zumindest das mit dem Enthaaren hat geklappt. Auch das ein Schritt zur Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann, ach, Moment: zwischen Mädchen und Boy, wie Menschen in dieser Rubrik heißen. Während Frauen immer Mädchen sein können, auch gern noch als Kanzlerkandidatin, ist bei Männern das „Junge“ schon mit 18 schwierig. Der Boy ist dann das Ding zwischen Junge und Mann, und überdies die Entwicklungsstufe, die auch halbnackt hübsch anzusehen ist. Weil Boys ebenso wie Männer aber immer noch den Anschein der Ernsthaftigkeit haben müssen, ist neben Groß- und Außenhandelskaufmann Alex in Denkerpose noch ein Vorherfoto vom angezogenen Boy eingeklinkt. Die Antworten aus dem Fragebogen daneben zeichnen ihn als kreuzbrav und stinklangweilig aus. Kein einziges sündiges Geheimnis wird da preisgegeben – nicht einmal das, was Frauen wirklich interessiert: Welches Sternzeichen hat er? Wie hält er es mit der Romantik? Was für ein Auto fährt er? Da bleibt die Bild-Betrachterin unbefriedigt zurück. Eine herbe Produktenttäuschung, optisch wie inhaltlich. NAT, DAZ