Abgeschwächte Anklage gegen Bemba

STRAFGERICHTSHOF Kongos ehemaliger Rebellenchef Jean-Pierre Bemba kommt in Den Haag vor Gericht, aber ohne einen zentralen Anklagepunkt: persönliche Verantwortung für Kriegsverbrechen

BERLIN taz | Kongos ehemaliger Oppositionsführer Jean-Pierre Bemba wird vom Internationalen Strafgerichtshof vor Gericht gestellt. Die Zweite Kammer des Gerichtshofs in Den Haag ließ am Montag die Klage gegen Bemba wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu. Allerdings werden nicht alle Anklagepunkte des Chefanklägers Luis Moreno-Ocampo aufrechterhalten.

Bemba war während des Kongokrieges 1998–2003 Führer der nordkongolesischen Rebellenbewegung MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung). Diese wurde bei Kongos Wahlen 2006 zweitstärkste Kraft, mit 42 Prozent für Bemba bei der Präsidentschaftswahl. Bemba ging im März 2007 nach Kämpfen mit der Garde des Staatschefs Joseph Kabila ins Exil und wurde Ende Mai 2008 in Brüssel aufgrund eines geheimen Haftbefehls festgenommen und nach Den Haag gebracht.

Bei der Klage gegen Bemba geht es nicht um den Kongo, sondern um eine Militärintervention der MLC in der benachbarten Zentralafrikanischen Republik. Bembas Truppen unterstützten vom Oktober 2002 bis März 2003 den zentralafrikanischen Präsidenten Ange-Félix Patassé gegen eine Rebellion seines Armeechefs François Bozizé. Dabei begingen sie laut Anklage zahlreiche Verbrechen. Die Intervention scheiterte: im März 2003 wurde Patassé von Bozizé gestürzt, der bis heute das Land regiert. Bozizé strengte auch das Verfahren in Den Haag an.

Die MLC hat die Anklage gegen Bemba immer als politisch motiviert zurückgewiesen. Seine Verteidigung argumentierte in Den Haag, Bemba könne nicht verantwortlich gemacht werden für Akte, die seine Soldaten beim Einsatz in einem anderen Land unter Führung der dortigen legitimen Regierung begingen. Die Anklage wackelte tatsächlich, und nach Voranhörungen im Januar wies das Gericht am 3. März den Chefankläger an, eine neue Anklageschrift vorzulegen, in der Bemba nicht bloß persönlich für die seinen Truppen vorgeworfenen Verbrechen verantwortlich gemacht wird, sondern auch als ihr Kommandant. Die neue Anklageschrift wurde am 30. März vorgelegt, und die Richter lassen jetzt lediglich die zweite Art von Verantwortung zu.

Es sei nicht erwiesen, so die Kammer, dass Bemba seine Truppen mit der Intention einsetzte, Verbrechen zu begehen, und auch nicht, dass er von möglichen Kriegsverbrechen vorab hätte wissen müssen. Er habe lediglich als MLC-Chef nichts dagegen unternommen.

Dafür dürfte die Beweisführung schwierig werden, weil es interne Vorgänge innerhalb einer nicht mehr existierenden Rebellenarmee betrifft. So bewegt sich das Verfahren ab jetzt auf dünnem Eis. Dazu kommt, dass laut Anklage Bemba die mutmaßlichen Verbrechen „gemeinsam mit Ange-Félix Patassé“ beging, dem damaligen Präsidenten der Zentralafrikanischen Republik. Der ist aber nicht inhaftiert, sondern lebt in Togo im Exil und kündigte erst letzte Woche an, er wolle zu den nächsten Wahlen in seiner Heimat 2010 antreten. Kürzlich sagte die Den Haager Anklagebehörde, sie habe nicht genügend Beweise für einen Haftbefehl gegen Patassé. Es wurde wohl vorweggenommen, dass der Vorwurf der persönlichen Verantwortung gegen Bemba nicht mehr zur Anwendung kommt und damit auch nicht gegen Patassé. DOMINIC JOHNSON