SPD nur offiziell zuversichtlich

Die Sozialdemokraten setzen auf Sieg bei der Landtagswahl – und nominieren Ministerpräsident Steinbrück mit 96,6 Prozent zum Spitzenkandidaten. Die Basis aber muss noch mobilisiert werden

AUS BOCHUMANDREAS WYPUTTA

Bei der Wahl des Spitzenkandidaten will Nordrhein-Westfalens Sozialdemokratie Siegesgewissheit ausstrahlen. Mit satten 96,6 Prozent wird SPD-Regierungschef Peer Steinbrück zur Nummer Eins der Landtagswahlliste gekürt, seiner Rede folgen minutenlange Standing Ovations. „Stolz und selbstbewusst“ will Steinbrück die Genossinnen und Genossen in den Wahlkampf führen. „NRW kommt wieder – zur SPD“, gibt er als Antwort auf den CDU-Wahlkampfslogan aus.

Doch Steinbrück ist wie dem Bundesvorsitzenden Franz Müntefering und Landesparteichef Harald Schartau klar, dass der Sieg noch verspielt werden kann. Hinter den Kulissen kursiert eine neue Umfrage des WDR-Politmagazins Westpol, nach der die SPD bei 37, die CDU dagegen bei 39 Prozent liegt. Rettung kommt derzeit nur von den Grünen: Der Koalitionspartner kommt auf neun, die Liberalen dagegen nur auf sieben Prozent – Gleichstand also.

Die SPD setzt deshalb auf eine massive Mobilisierung der Parteibasis: „Die Leute müssen wissen, dass wir auf jeden Fall gewinnen wollen“, fordert SPD-Bundesparteichef Franz Müntefering. An der Basis müsse jedes Mitglied motiviert werden. „Fragt jeden, ob er mitmachen will“, ruft Müntefering, der seinen roten Schal wieder aus dem Schrank gekramt hat. Auch SPD-Landesparteichef Harald Schartau hat den Straßenwahlkampf wiederentdeckt: „Nichts ist gelaufen, wenn wir nicht laufen“, mahnt er. „Wir werden vor Ort sein und im persönlichen Gespräch von unseren Konzepten überzeugen.“

Verständlich, kurz und knapp soll deshalb auch das nur 15-seitige Wahlprogramm sein – weniger Inhalt war nie. Das Programm sei „keine Leistungsbilanz, kein Koalitionsvertrag, keine Regierungserklärung“, begründet Parteivize Karsten Rudolph. Leitidee ist die „Biographie des Normalbürgers“: Bildung und Arbeitsplätze stehen im Vordergrund, ergänzt von der Vision einer „friedfertigen Gesellschaft“, die Ältere über die „Chance des langen Lebens“ mit einbezieht – mit dem Wirtschafts- und Finanzpolitiker Steinbrück an der Spitze wendet sich die SPD in Wahlkampfzeiten gegen den „rücksichtslosen Laissez-faire-Liberalismus“ von Union und FDP.

Ob das aber ausreicht, um wie gewünscht wieder die stärkste Fraktion im Düsseldorfer zu stellen, bezweifeln selbst Vertraute von Regierungschef Steinbrück – noch sei alles offen: „Bis zur Wahl sind es noch 99 Tage. Und an jedem Tag kann etwas passieren.“