Es geht um mehr als um Privilegien

Betr.: „Revolution von oben“, taz bremen vom 10. 02. 05

Wieso denunziert die taz die von der Basis demokratisch gewählten Fachbereichssprecher (Dekane) als „Fürsten“, damit zugleich suggerierend, dass diese nur ihre egoistischen Privilegien verteidigten? Ist Widerspruch nicht sogar ihre Pflicht, wenn in dem vom Rektorat herausgegebenen Papier zur Umstrukturierung der Hochschule Sätze stehen wie: „Die […] Notwendigkeit einer klaren Delegation von Verantwortung für den Produktbereich (Anm: gemeint sind wohl Lehre und Forschung) stößt in Hochschulen schnell an Grenzen, da diese als komplexe soziale Gebilde dezentral und weniger hierarchisch organisiert sind. Management-Entscheidungen gehen in der Regel diverse Aushandlungsprozesse mit dem Ziel der Konsensbildung voraus, deren Organisation aufwendig ist“? Da kann man nur sagen: voll hinderlich, diese Demokratie! Ich jedenfalls bin froh, dass die Dekane und unsere Vertreter im Akademischen Senat ihre „Vertretungsfunktion“ auch wahrnehmen. „Fürstentümer“ drohen nun allerdings tatsächlich durch die geplante Managementstruktur der Hochschule. So sollen in Zukunft vom Rektorat ernannte Fachdirektoren die wissenschaftlichen Tätigkeiten steuern und dafür sorgen, dass „das für das jeweilige Zentrum definierte Forschungsgebiet und profil durch geeignete forscherische Aktivität der Zentrumsmitglieder ausgefüllt und weiterentwickelt wird“. Mal abgesehen davon, dass Forschung auf Befehl an Hochschulen rechtlich fragwürdig ist, wird sie auch kaum funktionieren. Kreativität blüht ungern auf Kommando. Außerdem: Wie soll sich ein Physiker z.B. noch kritisch mit den Folgen der Kernenergienutzung auseinander setzen, wenn dies vom „Markt“ nicht mehr gefragt und folglich vom Direktor auch nicht mehr „erlaubt“ wird? Es geht bei dem Streit an der Hochschule um sehr viel mehr als um Privilegien von Fürsten, es geht um den Erhalt einer demokratischen, kooperativen und – wo nötig – auch kritischen Hochschule. BERND MAHRO, Professor für Umweltbiotechnik an der Hochschule Bremen