Sagen, wie es ist

Team der Woche: Die Fußballagenten vom WM-Studio Mitte kommentieren live – und hemmungslos subjektiv

„Zurück hier zu einer echten Schlacht. Man benützt diese militärischen Vokabeln ja nicht so gern, aber es ist eine Schlacht. Hier sind Minen gelegt; im Strafraum der Lauterer; und die Nazirocker aus Rostock; die laufen immer wieder rein“, tönt es während der ersten Halbzeit aus den Lautsprechern im Mauersegler in der Bernauer Straße. Sven-Ole-Knuth, Felix Ney und Waldefried Forkefeld sind die so genannten Fußballagenten des WM-Studio Mitte und versorgen ihr Publikum bereits seit der WM 2002 mit alternativen Sportkommentaren.

Diesen Samstag ist Bundesligakonferenz. Der original Premiere-TV-Kommentar ist abgedreht, dank der digitalen Technik ist nur die Stadionatmosphäre zu hören. Überträgt ein anderer Sender, wird eine künstliche Kulisse eingespielt. „Die war am Anfang von der Playstation. Das Ploppen, das man da hört, wenn die Männchen gegen den Ball treten, so ein komisch synthetischer Ton, das war ein bisschen unnatürlich. Aber viele haben’s gar nicht gemerkt. Jetzt haben die Jungs ihre eigenen Atmo-CDs“, sagt Oskar. Er ist Betreiber der „Bar der Republik“, wo die Fußballagenten lange Zeit moderiert haben. Er kommt fast zu jeder Veranstaltung. „Das hier hebt sich komplett ab von jeder anderen Art von Sportkneipe. Es ist hemmungslos subjektiv in der Sicht auf Fußball und trotzdem sehr kompetent und unterhaltsam. Ich finde den Durchschnittsfußballkommentar ganz fürchterlich.“

Mirco Dziekanski sitzt an der Kasse. Er ist Moderator vom WM-Studio Mitte und bei größeren Veranstaltungen auf der Bühne. „Die Bundesligaspiele in der WM-Studio Mitte Lounge sind einfach nur Spaß. Man trifft sich am Samstagnachmittag, macht bisschen Fußball, man relaxt. Nen Konterbier zischen wegen der Freitagnacht, wo man sich immer schön zutoxt und so.“ Die Stimmung hebe sich schon recht deutlich ab von anderen Sportkneipen.

„Man will das, was im Fernsehen kommt, nicht unbedingt hören. Es ist immer dasselbe, weil es so massenkompatibel sein muss“, bringt es der Fußballagent Sven-Ole noch einmal auf den Punkt. „Ich hab bestimmt seit zwei Jahren überhaupt keinen Fernsehkommentar mehr gehört.“ Der junge Mann aus Manchester, der mit seinem Bier an der Bar sitzt, hört zwar, dass hier live kommentiert wird – aber es interessiert ihn wenig, denn er kann ja nichts verstehen. Dass heute Bundesliga gezeigt wird und er auch von den Mannschaften wenig weiß, ist ihm egal. „It’s football, that’s all,“ findet er. Nur die Atmosphäre sei ein bisschen ruhig. In Manchester sähe es in den Fußballkneipen meist etwas anders aus.

SONJA FAHRENHORST