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: Erik Gerets wird die Geister nicht los, die er gerufen hat

Der VfL Wolfsburg ist dort angekommen, wo er hingehört: im Mittelmaß. Dem Trainer nimmt man das leider krumm

Natürlich wollte auch Thomas Strunz seinen Senf dazu geben, und so beschied der Jungmanager nach der neuerlichen Pleite, die nun schon die siebente war in den letzten acht Spielen, dass das leidige Thema, nämlich der Trainerwechsel, für ihn definitiv „kein Thema“ sei. Bestimmt hat Erik Gerets vor lauter Freude über so viel mannhafte Rückendeckung ein paar Purzelbäume geschlagen, wenn auch nur innerlich, damit es keiner sieht. Äußerlich gesagt hat der Trainer des VfL Wolfsburg: „Ich mache meine Arbeit, so lange man mich lässt.“

Das mag sehr wohl ein sehr wahrer Satz sein. Vor allem aber wirft er zweierlei Fragen auf. Erstens: Wie lange lässt man den Belgier noch? Und zweitens: Was erlaubt sich Strunz? Denn leicht dreist erscheint es schon, dass ausgerechnet der erst Ende letzten Jahres in die Autostadt gewechselte Managernovize so tut, als habe er das moralische Recht, über das Schicksal des Trainers zu bestimmen. Zumal festgestellt sei: Abwärts geht es mit dem VfL erst seit dem Amtsantritt von: Strunz!

Wie dem auch sei, das ganze Thema erscheint ohnehin als ziemlich absurdes Theater, dessen Akte sich in etwa so zusammenfassen lassen: Erst wollten es die Wolfsburger nicht glauben, dass sie so oft gewinnen und ein paarm Mal sogar die Tabelle anführen durften, nun wollen sie nicht wahrhaben, dass sie so oft verlieren müssen. Nach zehn Spieltagen hat dies den Mittelwert von Tabellenrang zehn ergeben, ganze fünf Pünktlein nur von einem Uefa-Cup-Platz getrennt. Man kann also nicht gerade behaupten, dass der VfL meilenweit von dem entfernt ist, was man vor der Saison von ihm erwarten durfte. Mag sein, dass das den Mächtigen bei VW, die immerhin 90 Prozent der Anteile an der Fußball GmbH des VfL halten, zu wenig ist. Andererseits: Auch sie produzieren ja nur Volkswagen, vulgo: Mittelklasse – und eben nicht Mercedes oder BMW, also Champions League.

Man kann somit sagen, dass Erik Gerets die Diskussionen um seine Person und somit das Thema an sich selbst geschürt hat. Dadurch nämlich, dass er den VfL in der Vorrunde dazu gebracht hat, besser oder doch zumindest erfolgreicher zu spielen, als er das eigentlich kann. Und nun, da in der Rückrunde die Normalform eingekehrt ist und vielleicht auch noch ein bisschen Pech dazu, mag sich damit keiner mehr so recht zufrieden geben.

Gänzlich neu in Fußballland ist solcherlei freilich nicht. Vielmehr ist es unschöne Regelmäßigkeit. Verwunderlich wirkt nur, dass sich der Vorgang in Wolfsburg in dieser Eile vollzieht. Für gewöhnlich dauert es nämlich mindestens eine Spielzeit, bis die selbst geweckten Übererwartungen zum Thema mutieren. Alle weiteren Fragen dazu sind an Peter Neururer und den VfL Bochum zu richten.

FRANK KETTERER