Münchener protestieren diesmal sparsam

Nach den Großprotesten früherer Jahre diesmal nur wenige tausend Demonstranten gegen Sicherheitskonferenz. Polizei sieht „Frustration in Bezug auf Einsatztaktik“, Demonstranten kritisieren übermäßigen Gewalteinsatz

MÜNCHEN taz ■ Die Münchner Polizei gab sich am Sonntag gut gelaunt. Der polizeiliche Auftrag in Sachen „Sicherheitskonferenz“ sei „ohne größere Zwischenfälle“ erreicht worden. Die Gegendemonstranten hätten es nicht geschafft, „so viele Teilnehmer wie in den vergangenen Jahren zu mobilisieren“. 3.500 Demonstranten waren es der Polizei zufolge, die Veranstalter sprechen von 7.000 Teilnehmern.

Dass diese Zahl deutlich geringer ausfiel als in den vergangen Jahren, führte die Polizei auf die zeitgleich stattfindenden Proteste gegen den NPD-Aufmarsch in Dresden zurück, die viele Autonome anzögen. Zum anderen gebe es eine „nicht zu übersehende Frustration in Bezug auf die Münchner Einsatztaktik“, die keinen Freiraum lasse für strafrechtlich relevante Aktionen. Im Laufe des Wochenendes habe man 49 Personen festgenommen, nachdem Beamte mit Feuerwerkskörpern und Flaschen beworfen worden seien.

Unter den Verhafteten seien viele vollkommen friedliche Personen gewesen, kritisiert SPD-Stadtrat Nikolaus Gradl, der selbst an dem Zug teilgenommen hatte. „Die Polizei hat bei Auflagenverstößen wie Seitentransparenten keine vernehmbare Vorwarnung gegeben, sondern ist gleich mit unverhältnismäßiger Gewalt eingeschritten – auch gegen friedliche Teilnehmer.“ Der ganze Zug sei „geradezu provoziert“ worden, sich „gegen die Knüppel zu verteidigen“.

Polizeisprecher Christoph Reichenbach verteidigte das Vorgehen. Es sei stets Ziel der Polizei gewesen, „die absolute Demonstrationsfreiheit zu gewährleisten“. Angesprochen auf die Tonlage des Polizeiberichts erklärte er, man nehme natürlich nicht an, dass nur Gewaltbereite gegen die Sicherheitskonferenz demonstrieren wollten. Insgesamt sei man am Wochenende mit 4.000 Polizeibeamten aus München sowie Unterstützungskräften aus anderen Bundesländern im Einsatz gewesen.

Bereits am Freitag hatte eine Demonstration gegen die erstmals stattfindende „Finanzierungskonferenz Nordafrika Mittelost“ nur etwa 500 Teilnehmer angezogen. Noch vor zwei Jahren waren 30.000 Münchner trotz und wegen eines innenstadtweiten Demoverbots gegen den heraufziehenden Irakkrieg auf die Straße gegangen.

Doch die Friedensaktivisten wollten der Polizei das Terrain nicht überlassen. Sie hatten im Alten Rathaus eine „Friedenskonferenz“ organisiert. Ihren Protest gegen die Sicherheitskonferenz wollten sie ausdrücklich nicht auf UN-Generalsekretär Kofi Annan bezogen wissen – auch wenn der Annan-Besuch von einigen als „Feigenblatt-Aktion“ kritisiert wurde. Mit Sorge stellten die Teilnehmer der Friedenskonferenz fest, dass sich Europa von einer Zivilmacht in eine Kriegsmacht verwandele. „Die Militarisierungspunkte in der EU-Verfassung machen mich sprachlos“, sagte Friedensforscher Hans-Peter Dürr.

Für die grüne Europaparlamentarierin Angelika Beer ist Annans Besuch dagegen „ein Erfolg der Friedensbewegung“. Und auch die Ängste vor einer Militarisierung der EU seien verfehlt. „Man muss selbst Verantwortung übernehmen. Absolut pro oder contra Militär ist eine Frontstellung, die nicht mehr zutrifft“, sage sie der taz. In ihren Augen schaffe der Dialog auf der Sicherheitskonferenz mehr Frieden, etwa durch Gespräche zwischen dem Iran, der EU und den USA.

MAX HÄGLER