OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Eine Situation, wie sie die Regisseurin Christine Büchner in ihrer Dokumentation „pereSTROIKA – umBAU einer Wohnung“ beschreibt, kann man sich bei uns nur schwer vorstellen: In einer Gemeinschaftswohnung in St. Petersburg gehören die vier vorhandenen Zimmer jeweils einem anderen Eigentümer – ein Geschenk vom Staat nach dem Ende der sozialistischen Ära. Nun möchte eine Eigentümerin ihr Zimmer verkaufen, und Abgründe tun sich auf. Denn natürlich wäre es lukrativer, die Wohnung in guter Innenstadtlage als Einheit zu veräußern. Also müssen die anderen Eigentümer überzeugt werden. Sie stimmen schließlich zu, aber jeder hat da ganz eigene Interessen: Die eine möchte nur das Geld, die anderen müssen sich mit dem Verkaufspreis neuen Wohnraum kaufen. Und verbessern wollen sie ihre Situation natürlich alle. Zwei Maklerinnen machen sich mit viel Galgenhumor, kleinen bösen Tricks und milder Verzweiflung an die Sisyphusarbeit, die divergierenden Wünsche unter einen Hut zu bringen. Obwohl die Geschichte immer tragikomischere Züge annimmt, bleibt der Film schön lakonisch und denunziert die vom tyrannischen Exsoldaten bis zur Feng-Shui-Fanatikerin reichenden Protagonisten nicht. Die Gedanken über die Auswirkungen von Wohnungsknappheit und Kapitalismus kann sich dazu jeder selbst machen: Am Ende führt die Besitzerin einer Modefirma stolz durch die frisch renovierte Wohnung – ob sich hingegen die ehemaligen Bewohner verbessert haben, darf man bezweifeln. (20. 6. Kino Krokodil)

Sinn macht die Handlung von „Hellzapoppin“ (1941; Regie: H. C. Potter) keinen. Auch wenn im Film selbst der Regisseur eines Films über einen Film über eine Broadway-Revue der eher traditionellen Ansicht ist, dass man beim Kino nun mal eine Story bräuchte. Doch da führt ihn „Hellzapoppin“ ad absurdum. „Anything can happen and it probably will“, lautet das Motto dieser Revue mit exzentrischen russischen Prinzen, inkompetenten Zauberern, den Harlem Congeroo Dancers sowie zwei längst vergessenen Komikern in den Hauptrollen. Der eigentliche Spaß der Komödie aber besteht in ihrer deutlichen Verwandtschaft zum Zeichentrickfilm: Die Gags reichen von der physischen Deformation der Darsteller dank fotografischer Tricks über aberwitzige Verfolgungsjagden bis zu ständigen Referenzen an das Medium selbst. (21. 6. Kiki Blofeld Open Air)

Um ehrlich zu sein: Mir erschienen Agatha Christies Werke, die am Ende stets den am wenigsten Verdächtigen als Täter präsentieren, immer als eine überhebliche Veralberung ihres Publikums, so ganz nach dem Motto: Ich bin schlauer als ihr. Immerhin boten Christie-Verfilmungen für die Schauspieler von jeher die Möglichkeit, sich hübsch eitel in Szene zu setzen. Das ist auch in Billy Wilders Version des Theaterstücks „Zeugin der Anklage“ nicht anders, in der sich Tyrone Power, Marlene Dietrich und Charles Laughton bravourös durch eine Handlung schlagen, in der natürlich wieder einmal nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint. (23. 6. in der Kurbel) LARS PENNING