Ruhrgebiet bleibt Zielscheibe

EU-Regionalkommissarin Danuta Hübner verspricht, sich auch nach Auslauf der Ziel 2-Förderung um das Ruhrgebiet zu kümmern. Ministerpräsident Steinbrück verkauft das als politischen Erfolg

AUS DORTMUNDKLAUS JANSEN

Das Ruhrgebiet bleibt auch nach 2006 noch arm genug für Strukturfördermittel aus Brüssel. Auch nach Ablauf der so genannten Ziel 2-Förderung im kommenden Jahr soll noch Geld aus dem Haushalt der Europäischen Union (EU) in die Region fließen, sagte Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) gestern anlässlich des Besuchs der polnischen EU-Kommissarin für Regionalpolitik, Danuta Hübner: „Es wird weiterhin einen Topf geben.“

Als erstes deutsches Bundesland kam Nordrhein-Westfalen in den Genuss des Besuchs von Hübner. Vorgeführt bekam die Kommissarin von der Landesregierung eine Baustelle als Beispiel für den Strukturwandel: Die Brache der ehemaligen Kokerei Phoenix in Dortmund, auf der künftig mit Brüsseler Unterstützung Mikrosystemtechnik produziert werden soll.

Hübner versprach, dass die EU den Wandel im Ruhrgebiet auch nach 2006 „recht großzügig unterstützen“ werde, auch wenn die seit dem Jahr 2000 fließende Ziel 2-Förderung für das Ruhrgebiet als Region mit besonderem Entwicklungsbedarf ausläuft. Bis dahin werden über eine Milliarde Euro aus Brüssel, gekoppelt an eine weiter Milliarde Euro aus dem Landeshaushalt, in die Region geflossen sein – das größte Strukturförderungsprogramm der Landesgeschichte. „Wir haben durch diese Investitionen rund 95.000 Arbeitsplätze geschaffen oder gesichert“, bilanzierte NRW-Wirtschaftsminister Harald Schartau (SPD).

Ab 2007 wird der Fokus der EU-Hilfen besonders auf den neuen Mitgliedsstaaten in Osteuropa liegen – an diese Ziel 1-Gebiete werden 78 Prozent des EU-Haushalts für Regionalentwicklung gehen. „Natürlich wird das Ausmaß der Förderung geringer. Aber das akzeptieren wir und nehmen das solidarisch zur Kenntnis“, räumte auch Steinbrück. Dass es überhaupt eine Anschlussförderung für das Revier geben werde, wertete der Ministerpräsident als Erfolg: „Ich war lange skeptisch, dass es nur eine Auslaufförderung für bestehende Projekte geben wird“, sagte er. Für die europapolitische Sprecherin der CDU im Landtag, Ilka Keller, entsteht für das Ruhrgebiet dennoch eine gänzlich neue Situation: „Das ist ein Paradigmenwechsel“, sagte sie der taz.

Ob die für Nordrhein-Westfalen verwandte Unterstützung tatsächlich nur noch für das Ruhrgebiet verwandt wird, ist nicht gesichert: Anders als bislang sind die Grenzen zwischen förderungsfähigen und -unfähigen Gebieten künftig fließend – theoretisch könnte Brüssel auch in vergleichsweise reichen Städten wie Münster oder Düsseldorf investieren. „Unter Umständen kann es manchmal sinnvoll sein, auch stärkere Regionen zu stärken. Das muss von Fall zu Fall differenziert betrachtet werden“, forderte CDU-Politikerin Keller.

Moderiert werden soll die Suche nach neuen Wachstumsprojekten künftig vom Regionalverband Ruhrgebiet (RVR), der an die Stelle der sich in Auflösung befindenden Projekt Ruhr tritt. Die Entscheidungshoheit darüber, wo nach 2007 millionenschwere Badeseen ausgehoben, Gewerbeparks angesiedelt und Yachthäfen gebaut werden, verbleibt jedoch letztlich bei den Ministerien der Landesregierung – schließlich muss die auf jeden Brüsseler Euro einen eigenen drauflegen.