Deutsch bleibt Fremdsprache

In Sachen Sprachförderung herrscht in Schulen und Kitas immer noch Ratlosigkeit. Ein Konzept zur Umsetzung von Deutsch als Zweitsprache fehlt, so das Ergebnis einer Tagung

Die mangelnden Deutschkenntnisse von Migrantenkids sind die Herausforderung des hiesigen Bildungssystems. Wer Zweifel daran hat, dass sich diese Erkenntnisse auch unter LehrerInnen und ErzieherInnen breit machen, hätte gestern in den Wedding fahren sollen. Hier trafen sich mehr als 200 PädagogInnen zur Fachtagung „Deutsch als Zweitsprache“ (DaZ), die die Bildungsverwaltung und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gemeinsam organisiert hatten. Zahlreiche Anmeldungen mussten abgelehnt werden, weil der Platz in der Schulaula nicht ausreichte.

Auf der Tagung wurde deutlich, dass in Schulen und Kitas in Sachen Sprachförderung noch immer Ratlosigkeit vorherrscht. „Schulleiter und Lehrer wissen nicht, was sie tun sollen“, sagte die Lehrerin Almut Mohrmann, die als DaZ-Multiplikatorin in Mitte arbeitet. Denn noch immer gebe es kein gutes Konzept für die Sprachförderung. DaZ müsse „Unterrichtsprinzip in jeder einzelnen Stunde“ werden, forderte Mohrmann. „Das ist in keinster Weise umgesetzt.“ Ein Mathematiklehrer etwa habe damit nicht viel am Hut.

Doch auch die speziellen DaZ-Stunden kommen bei den Kindern häufig nicht an. Insgesamt 672 Lehrerstellen gibt es landesweit dafür, sagte Undine Zeibig, die ebenfalls DaZ-Multiplikatorin ist. Doch oftmals würden diese Stunden nicht für den zusätzlichen Deutschunterricht, sondern für Vertretungen eingesetzt. Zeibig kritisierte auch die mangelnde Fortbildung in Sachen DaZ: „Wenn das in diesem Tempo weitergeht, gibt es in Mitte in 18 Jahren an jeder Schule einen DaZ-Experten.“

Auch die Ausbildung von ErzieherInnen und LehrerInnen wurde kritisiert; derzeit werden beide reformiert. Der Sprachwissenschaftler Sven Walter forderte, dass Sprachförderung in der Erzieherinnenausbildung Pflichtfach und prüfungsrelevant wird. Deutschland ist außer Österreich das einzige Land in Westeuropa, das seine Erzieherinnen noch immer an Fachschulen ausbildet. Die Junglehrerin Julia Bensmann weiß, dass DaZ für die meisten Studenten kein Thema ist. „Denen ist gar nicht klar, dass sie später vor einer Klasse stehen können, in der zwei Drittel der Schüler sie nicht verstehen.“ SABINE AM ORDE