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: Zwischen Angriffslust und Weltsorge – das Ego des Außenministers

Joschka Fischer hat gestern die „politische Verantwortung“ für „mögliche Fehler“ seiner Mitarbeiter übernommen. Das ist ein Schritt, den als überfällig zu bezeichnen eher niedlich wäre. Jedenfalls aber ist er nichts sagend. Wie sonst ließe sich ein Ministeramt beschreiben denn als politische – also noch nicht einmal inhaltliche – Verantwortung für das Wirken eines Ministeriums?

Seit einem Jahr steht der Urteilsspruch eines Kölner Richters im Raum, wonach die rot-grüne Visapolitik Schleuserei begünstige. Doch wie zuvor die Grünen-Spitze leugnet auch Fischer die inhaltliche Brisanz der Frage, wie Reisefreiheit und Sicherheit zusammenpassen. Anders etwa als Parteichef Bütikofer jedoch mimt er das Alphatier, indem er die „machtpolitische Auseinandersetzung“ begrüßt, statt sich über Hetzkampagnen der Opposition auszuweinen. Genau hat er abgewogen, was es ihn kostet, sich überhaupt zu äußern – und siehe da, es kostet ihn nichts.

Im Gegenteil: Fischer gerät tatsächlich auch ein unbefriedigendes und vollkommen verspätetes Statement zur Demonstration seines Außenminister-Egos. So viel Zeit muss sein zwischen Menschheitsrettung vor Krieg hier und Tsunami da. Diese Kombination aus Angriffslust und Weltsorge hat ihn schließlich zum beliebtesten deutschen Politiker gemacht.

Die Union hatte mit der Einrichtung des Untersuchungsausschusses zur Visapolitik bislang mehr Glück als Verstand: Zunächst sah es so aus, als könnte dieser eher peinlich für die sichtlich verzweifelte Opposition ausfallen. Doch dank der Dummdreistigkeit Ludger Volmers, der die deutsche Außenpolitik mit seinen Geschäftszwecken verwechselte, interessiert sich die halbe Republik nun für Visavergabeverfahren.

Allerdings wollen CDU/CSU den Außenminister möglichst nah an der Bundestagswahl in den Ausschuss zitieren – womöglich erst in einem Jahr. Das klingt geschickt. Doch auf diese Weise bleibt Fischers Behauptung, vor dem Ausschuss gerne Genaueres auszusagen, risikolos. Da Volmer endlich abgetreten ist, wird Rot-Grün mit dem Untersuchungsausschuss wieder ganz gut leben können. Denn das Argument, die Schleuserei habe schon in der Kohl-Ära Blüten getrieben, zieht.

Wenn also der Außenminister endlich vorm Ausschuss steht, könnte es mit dem Publikumsinteresse längst vorbei sein. Solange die Attacken auf die Politik des Außenministers mit der Person Fischer gekontert werden, ist er nicht in Gefahr.

ULRIKE WINKELMANN