Tod im Maisfeld

ALTE ARME Vor dem Landgericht Stade ist der Tod einer alten Dame verhandelt worden. Die Angeklagte gab zu, sie erwürgt zu haben – auf Verlangen. Die Staatsanwaltschaft hält das für unglaubwürdig

Der Tod einer alten Dame in einem Maisfeld. Erwürgt. Von einer Bekannten, die behauptet, im Auftrag der 75-Jährigen gehandelt zu haben: „Sie wollte bei schönem Wetter draußen sterben.“ Vor dem Landgericht Stade hat die Verteidigung nun auf Beihilfe zum Selbstmord plädiert und eine Haftstrafe bis zu zwei Jahren vorgeschlagen, die zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor sieben Jahre Haft wegen Totschlags gefordert.

Der Hergang wird von Anwalt und Staatsanwalt auf gleiche Weise erzählt – bis auf die letzten Minuten. Offenbar hatte das Opfer mehrfach gegenüber ihrer Bekannten den Todeswunsch geäußert. Zusammen sind sie von Hamburg aufs Land gefahren. Decken und Kissen hatten sie dabei. Und einen tödlichen Medikamenten-Cocktail, den das Opfer auf dem Feld dann auch zu trinken begann. Aber nicht leerte.

Die 75-Jährige habe das Glas versehentlich fallen lassen, sagt die Angeklagte. Sterben habe sie aber trotzdem wollen. Mit einem Stein erschlagen oder erwürgt werden. Was die Angeklagte, wie sie sagt, dann auch schweren Herzens ausgeführt habe.

Die Staatsanwaltschaft hielt diese Version für unglaubwürdig. Sie glaubt, dass die 75-Jährige im Angesicht des Todes ihre Meinung geändert habe, und nicht mehr sterben wollte. Das habe die Angeklagte nicht einsehen wollen. „Aus Kränkung und Wut heraus“ habe sie dann die alte Dame erwürgt.

Die Staatsanwaltschaft stützt sich mit dieser Variante auf einen Brief, den die Angeklagte wenige Tage nach der Tat anonym an die Polizei schickte. Darin schilderte sie, wie sich ein Mann im Feld auf eine Frau stürzte, die von ihrem Vorsatz zu sterben abgerückt war. Auf die Spur gekommen war die Polizei der Angeklagten später über Hinweise nach der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY“.

Unabhängig wie das Gericht urteilen wird, steht fest: Das Opfer ist auch ein Opfer des Alters geworden. Die alte Dame lebte an der Grenze zur Verwahrlosung, litt unter Einsamkeit und finanzieller Bedrängnis. Ausschlaggebend für den Wunsch an jenem „Tag mit schönem Wetter“ zu sterben, sagte die Angeklagte, sei gewesen, dass einem Kind die Inkontinenz der alten Dame aufgefallen war. MAXIMILIAN PROBST