Uranfabrik darf Produktion erhöhen

Der NRW-Energieminister genehmigt einen Antrag der Gronauer Atomfirma Urenco. Die Grünen haben sich bisher still verhalten. Doch kurz vor den Landtagswahlen bekommen sie Bauchschmerzen. Umweltschützer fühlen sich verschaukelt

VON KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Der Wolf in Nordrhein-Westfalen trage einen „rot-grünen Schafspelz“. Das jedenfalls sehen Atomkraftgegner aus Münster so. Sie verweisen auf einen am Montagabend vom roten Energieministerium in Düsseldorf genehmigten Antrag der Atomfirma Urenco Deutschland, mit dem das Unternehmen die Jahreskapazität seiner Urananreicherungsanlage in Gronau an der Grenze zu den Niederlanden mehr als verdoppeln will: von bislang 1.800 Tonnen auf 4.500 Tonnen.

Der Antrag sei sowohl vom Bundesumweltministerium als auch von der Strahlenschutz- und der Reaktorsicherheitskommission gebilligt worden, sagte Landesenergieminister Axel Horstmann (SPD). Auch die Risiken und der Schutz der Anlage gegen „Störmaßnahmen“ sei hinreichend überprüft worden, hieß es weiter. Urenco selbst verweist darauf, dass in der 1981 erteilten 1. Teilgenehmigung für den Anlagenbau sogar eine Jahreskapazität von 5.000 Tonnen festgeschrieben worden sei.

Mit der Kapazitätsausweitung jetzt könne Urenco rund 36 größere Atomkraftwerke in aller Welt mit angereichertem Uran beliefern; bislang waren es „nur“ 15. Die aktuell beantragte Kapazitätsausweitung kostet Urenco rund 800 Millionen Euro. In der Anlage in Gronau wird das Uran in „Zentrifugenkaskaden“ auf die von den Atomkraftwerken benötigte Konzentration angereichert.

Urenco betreibt in den Niederlanden und in Großbritannien noch zwei weitere Anreicherungsanlagen „für Kunden in aller Welt“, wie das Unternehmen stolz vermeldet. Die Fabrik ist seit 1985 in Betrieb und produzierte bis zum Ende des Geschäftsjahres 2003 rund 12.000 Tonnen „Urantrennarbeit“ (UTA), wie der Anreicherungsvorgang bei Urenco genannt wird.

Ursprünglich hatte die Urenco gehofft, den Antrag auf Kapazitätsausweitung schon im zweiten Quartal 2004 genehmigt zu bekommen. Schließlich hätten die Genehmigungsunterlagen schon von Januar bis Ende März 2003 entsprechend der atomrechtlichen Verfahrensordnung nicht nur in Gronau und in Düsseldorf, sondern wegen der Nähe zur Grenze auch in den holländischen Städten Enschede und Zwolle zur öffentlichen Einsicht ausgelegen. Der öffentliche Erörterungstermin fand dann im April 2003 statt – ohne größere Proteste von Umweltschützern oder Grünen.

Man setzte auch in Düsseldorf bei den Grünen generell auf den beschlossenen Ausstieg aus der Atomwirtschaft; und die Parteispitze verzichtete ausdrücklich darauf, juristisch gegen Gronau vorzugehen. Bauchschmerzen bekam die grüne Regierungspartei offenbar erst jetzt (wieder) – kurz vor den Landtagswahlen. Der Haussegen in Düsseldorf hänge jetzt „erheblich schief“, war aus dem Landtag zu hören. Der Widerstand gegen den Ausbau soll fortgesetzt werden. Die Umweltschützer im Grenzland fühlen sich von Rot-Grün „verschaukelt“. Man habe im Mai die Wahl zwischen Pest und Cholera, sagte Matthias Eickhoff vom Bündnis „Widerstand gegen Atomanlagen“ in Münster – zwischen Rot-Grün und der CDU. Möglicherweise ist ihnen der „ehrliche Feind CDU“ inwischen lieber.