konjunktur-einbruch
: Gute Gründe für schlechte Laune

Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Halbjahr 2004 geschrumpft. Dabei hatten alle Experten ein leichtes Wachstum vorausgesagt. Doch diese böse Überraschung treibt den Volkswirten nicht die Schamesröte ins Gesicht – sie schwätzen einfach weiter: von der schlechten Stimmung im Land und den psychologischen Auswirkungen des Stellenabbaus bei Opel, Karstadt oder der Deutschen Bank.

KOMMENTARVON REINER METZGER

„Nein!“, möchte man schreien. Es ist nicht die Diskussion darum, es ist der reale Stellenabbau, der den Leuten Angst macht. Und zwar zu Recht. Und es ist auch nicht die schlechte Stimmung schuld, dass die Deutschen nichts mehr kaufen, sondern dass sie einfach immer weniger Geld zur Verfügung haben. Seit zehn Jahren sinken die Reallöhne der Beschäftigten oder bleiben konstant. Wo soll denn da eine wachsende Binnenkonjunktur herkommen?

Die Bundesregierung in Person des zuständigen Superministers Wolfgang Clement hofft hingegen darauf, dass trotz der schlechten Ausgangslage die Wirtschaft in diesem Jahr so wächst wie im vergangenen. Selbst wenn dieses Ziel noch erreicht werden sollte, dann heißt das nach aller Erfahrung: trotzdem ein paar hunderttausend Arbeitsplätze weg.

Minister Clement will auch Steuernachlässe für Firmen, wenn sie investieren. Aber kein vernünftiger Unternehmer glaubt wirklich an den Erfolg einer solchen Subvention für Investitionen. Denn woher sollen die Käufer für die produzierten Güter kommen, wenn die inländischen Konsumenten weiterhin den berühmten Gürtel enger schnallen müssen? Und der Export brummt schon im x-ten Rekordjahr, da braucht kein Minister irgendetwas zu fördern. Was Clement mit seiner Reform erreichen würde, wäre eine noch höhere Verschuldung des Staates.

Viel besser wäre es, den Staat endlich wieder mit Geld zu versorgen und dabei noch die Lohnkosten zu senken. Machbar wäre das mit einer Erhöhung der Mehrwert- und der Ökosteuer und mit massiven Subventionskürzungen. Aber das wollen vor allem die großen Unternehmen nicht. Diese Steuern müssten sie nämlich zahlen und könnten ihre Rekordgewinne nicht in irgendwelche Steuerschlupflöcher retten. Deshalb sind auch die großen Parteien und der Superminister dagegen. Und deshalb wird es auch nichts werden mit mehr Arbeitsplätzen. Für echte Reformen muss der Leidensdruck noch größer werden.

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